Olympische Spiele der indigenen Völker - Demokratiebeweis oder Folklore?
Präsidentin Dilma Rousseff hat angekündigt, bei der Eröffnung dabei zu sein. Wie reagieren die sozialen Bewegungen auf diesen Termin, der doch für Folklore prädestiniert zu sein scheint? Ist nicht zu befürchten, dass die Politische Klasse des Landes geschönte Bilder verbreitet, um über die wahren Probleme der indigenen Bevölkerung hinwegzutäuschen? Tourismus-Minister Henrique Eduardo Alves betont, dass man die Gelegenheit nutzen wolle, das demokratische Brasilien zu zeigen. Er hebt die Akzeptanz der eigenen Landesgeschichte und der ethnischen Verschiedenartigkeit hervor.
Egon Heck vom Indigenen-Missionsrat CIMI hält dagegen: Der brasilianische Staat sei auf dem Weg, Olympiasieger in der Disziplin ´Gewalt und Verletzung indigener Rechte´ zu werden. Steigende physische Gewalt gegen Indigene führte laut CIMI in den vergangenen Jahren zu Hunderten von Mordopfern unter indigenen Anführern. Der Vorstoß auf die Lockerung verfassungsrechtlich garantierter Rechte der Indigenen bezüglich der Sicherung und Durchsetzung ihrer territorialen Ansprüche ist leider immer noch aktuell. Anliegende Gebietsausweisungen werden von den Behörden gezielt verschleppt. Bereits zugesicherte territoriale Rechte sollen rückwirkend erneut gelockert werden, um sie den Kapitalinteressen von Bergbau und Agrarindustrie zugänglich zu machen. Der Kongress greift mit immer neuen Initiativen die verfassungsrechtliche Autarkie der indigenen Bevölkerung über ihr Land und den darin vorhandenen Ressourcen an. Zuletzt waren der Vorschlag zur Verfassungsänderung Proposta de Emenda Constitucional PEC 215/2000 und das Gesetzesvorhaben Projeto de Lei 1610/96 die politischen Instrumente dafür. Erstere will die Zuständigkeit für territoriale Hoheitsfragen von der Bundesregierung auf den Kongress übertragen. Letzteres erleichtert die Nutzung von mineralischen Rohstoffen auf indigenem Gebiet.
Laut Heck wurde Brasilien seiner demokratischen Verantwortung gegenüber der indigenen Bevölkerung historisch in zwei Momenten gerecht: 1973 mit dem Estatuto do Ìndio und 1988 mit der Bundesverfassung. Allerdings scheuen die politischen Vertreter*innen bis heute die Umsetzung der Rechte von damals. Amtsvorgänger Lula hatte noch zugesichert, sich für die Demarkierung und damit juristische Absicherung indigener Territorien einsetzen zu wollen, umgesetzt hat er kaum etwas. Präsidentin Dilma Rousseff gibt bislang auch kein gutes Bild ab. Seit dem Ende der Militärdiktatur ist sie die Präsidentin, die am wenigsten indigene Territorien ausgewiesen hat. Wenn sie also bei der Eröffnung der olympischen Spiele indigener Völker keine peinliche Figur abgeben will, bleiben ihr drei Monate, um die eingereichten Gebiete zu demarkieren.