Neue Ipea-Studie: Zahl der Obdachlosen in Brasilien deutlich gestiegen
Brasiliens Institut für angewandte Wirtschaftsforschung (Ipea) veröffentlichte jüngst die neueste Analyse des Instituts zu Schätzungen der Zahl der obdachlosen Menschen in Brasilien. Die Zahl der Obdachlosen in Brasilien ist demnach im Jahr 2022 auf insgesamt 281.472 Personen angestiegen, was bezogen auf den Zeitraum zwischen 2019 und 2022 einen Anstieg um 38 Prozent bedeutete. Für die Jahre 2020 und 2021 wurde die Zahl der Obdachlosen auf 214.451 bzw. 232.147 Personen geschätzt. Ipea verglich auch die Zahlen der Jahre 2011 und 2021 und kam in diesem Zeitrahmen von zehn Jahren auf einen Anstieg von insgesamt 211 Prozent.
Ipea vergleicht die Zuwachsraten der Obdachlosenzahlen im Land mit denen des allgemeinen Bevölkerungswachstums, das im Zeitraum der letzten zehn Jahre zwischen 2011 und 2021 bei elf Prozent lag. Insofern schließt Ipea auf einen deutlichen Anstieg der Obdachlosenrate in Bezug auf das Gesamtbevölkerungswachstum. Einer der maßgeblichen Faktoren für den dramatischen Anstieg seit 2019 sieht Ipea in den Folgen der Corona-Pandemie.
Die Forscher:innen basierten sich in ihrer Erhebung auf ihre Untersuchung der Daten von 1.940 Munizipien im Jahr 2019 und auf 1.998 Munizipien im Jahr 2021. Brasilien hat 5.568 Munizipien. Diese Daten ergänzten die Forscher:innen durch Daten aus der Suas-Zählung (Zensus des Sistema Único de Assistência Social, 2021), einem Überwachungsprozess des einheitlichen Sozialhilfesystems, sowie durch die neuesten verfügbaren Daten aus dem einheitlichen Register (CadÚnico) vom Juli 2022 sowie auf eine Reihe sozioökonomischer Variablen wie die kommunale Armuts- und Urbanisierungsrate.
Die Untersuchung des Ipea-Instituts kommt zu dem Schluss, dass Brasilien eine noch genauere und effektivere Zählung der obdachlosen Bevölkerung vornehmen müsse. Die Forscher:innen erinnerten daran, dass diese in Obdachlosigkeit lebende Bevölkerungsgruppe erst im Jahr 2010 in ein einheitliches Register aufgenommen wurde und diese Personengruppe seit 2011 auch ohne Wohnsitznachweis Anspruch auf die Leistungen des einheitlichen Gesundheitssystems (SUS) hat. Im Jahr 2012 wurde zudem der Betrieb der Straßenklinik (CnR) eingeführt. "Diese kurze historischen Maßnahmen machen deutlich, wie nah wir noch immer an einem Erbe sind, das die Menschen auf der Straße bestenfalls als Bürger zweiter Klasse behandelt", so die Forschenden. Für die Forscher:innen ist die Zählung dieser Bevölkerungsgruppe durch die öffentlichen Behörden von strategischer Bedeutung, da andernfalls die Gefahr bestünde, dass die Sozialpolitiken diese Bevölkerungsgruppe noch mehr vernachlässigen wird.