"Rettet die Menschen, die den Wald retten" - Alessandra Korap Munduruku spricht am Brandenburger Tor in Berlin
Alessandra Korap Munduruku ist Indigene der Munduruku. Sie kommt aus dem nordbrasilianischen Bundesstaat Pará und studiert Rechtswissenschaften in Santarem. Die 37-jährige energische Frau ist Die 37-jährige energische Frau ist seit vielen Jahren Aktivistin und zudem Vizepräsidentin der Vereinigung der indigenen Völker des Bundesstaates Pará. Doch um ihre Heimat steht es schlecht. Kurz vor ihrer Abreise nach Deutschland nahm sie an einer Versammlung indigener Frauen teil. Auf dem Weg „sind wir 600 Kilometer auf der Piste durch unser Land gefahren und haben gesehen, dass links und rechts der Wald brennt“, erzählt sie. Diese fortschreitende Entwaldung habe stark zugenommen. „Die Leute klagen darüber, dass unsere Quellen und Flüsse vergiftet sind. Wir trinken vergiftetes Wasser durch die Zunahme des illegalen Goldabbaus.“
„Der Wald brennt“
Das Amazonasgebiet ist aber nicht nur durch Goldschürfer bedroht: Staudämme, Straßen und Bahntrassen sollen durch das riesige Gebiet gebaut werden. Holzfäller, Viehbarone und Sojaunternehmer zündeln an allen Ecken und Enden. Doch auch Konsument*innen, Unternehmen und Länder, die die Produkte kaufen, sind mitverantwortlich, findet Alessandra Korap: „Die Unternehmen, die Soja, Mais und Fleisch kaufen, begünstigen den Vormarsch des Agrobusiness. Und die brasilianische Bevölkerung oder die von ihnen gewählten Politiker erlassen Gesetze, die dazu beitragen, dass immer mehr in unsere Gebiete eingedrungen wird. Die Sojaanbaufläche im brasilianischen Amazonasgebiet ist riesig. Und nach der Brandrodung für neue Sojaplantagen kommen auch die Agrargifte. Deshalb sind Länder, die Soja kaufen, oft auch mitschuldig an der Gewalt gegen unser Land und unsere Leute.“
Gefahr durch Goldschürfer, Holzfäller und Agrarbarone
Alessandra selbst wurde schon mehrfach bedroht. Aber sie gibt den Kampf nicht auf. Sie ist nach Europa gekommen, um die Politiker*innen und die Menschen hier vor Ort daran zu erinnern, dass sie auch mitverantwortlich für die Umweltzerstörung im Amazonasgebiet sind: „Die Politiker und die Unternehmen müssen stärker kontrolliert werden, vor allem in Bezug darauf, woher das Soja kommt“, fordert sie. „Viele Leute hier sind für Umweltschutz, aber machen sich keine Gedanken um die indigenen Völker, obwohl wir diejenigen sind, die leiden müssen. Wir sind Teil der Umwelt und wir sind diejenigen, die tagtäglich gegen diese Eindringlinge des Agrobusiness kämpfen!“
Auch Olimpio Guajajara lebt im Norden Brasiliens, im indigenen Gebiet Arariboia. Er ist Indigener der Tenetehar-Guajajara und Koordinator der berühmten „Guardiões da Floresta“, der Wächter des Waldes. Sie patrouillieren im Wald und versuchen, die „Lunge der Erde“ zu schützen, aber das ist nicht einfach, sagt er: „Es ist leider kein friedlicher Ort, wir müssen ständig kämpfen. Wir verlieren unsere Leben und vergießen unser Blut, um das Gebiet für unsere nachkommen zu bewahren, damit auch sie gut auf diesem Planeten leben können.“
Wächter des Waldes riskieren ihr Leben
Die Waldwächter müssen diese Lunge vor allem vor den illegalen Holzfällern schützen, die immer tiefer in ihr Gebiet eindringen. Eine lebensgefährliche Aufgabe, die für manche der Wächter tödlich endet. Sechs von ihnen sind in den letzten neun Jahren ermordet worden, erst am 3. September wurde ein weiterer Wächter erschossen, mutmaßlich von bewaffneten Holzfällern. „Die größte Gefahr ist die riesige Zerstörung unseres Waldes und das Eindringen in unsere Gebiete“, so Olimpio. „Deshalb rufen wir dazu auf, die Biodiversität in den Wäldern zu schützen! Denn nicht nur Indigene werden ermordet, sondern auch Unterstützer*innen der Indigenen und des Waldes, wie Bruno Pereira und Dom Philips, die im Juni umgebracht wurden. Das macht uns große Sorgen, genauso wie das Handeln der mörderischen Regierung.“
In seiner Kindheit, erinnert sich Olimpio Guajajara, hat die Regenzeit zehn Monate gedauert – jetzt sind es nur noch vier. Er will, dass sich die ganze Menschheit dessen bewusst wird. Die Wächter des Waldes werden jedenfalls weiter kämpfen: „Wir pflanzen Bäume in Gebieten, die vorher zerstört wurden. Wir brauchen dringend Unterstützung für diese kritischen Zeiten! Der Klimawandel wird durch die industrielle Landwirtschaft und andere große Unternehmen vorangetrieben, die unseren Planeten zerstören. Wir alle müssen darüber reden, wie das Amazonasgebiet geschützt werden kann und wie die Schutzgesetze angewendet werden können. Und die Kriminellen, die in den Wald eindringen und die Wächter des Waldes töten, müssen bestraft werden“, fordert Olimpio Guajajara.
Der Artikel von Darius Ossami stammt von der Plattform Nachrichtenpool Lateinamerika npla.de. Hier findet ihr die Audioversion dazu https://www.npla.de/thema/umwelt-wirtschaft/der-wald-brennt/