Offener Brief: 29 Bundestagsabgeordnete gegen PL 191 zur Freigabe von Bergbau und Wasserkrafterzeugung in indigenen Territorien

29 Bundestagsabgeordnete von Bündnis90/Die Grünen, SPD, FDP und die Linke schicken zwei Offene Briefe an die Präsidenten des brasilianischen Abgeordnetenhauses und des Senats sowie an die Vorsitzenden und Vizevorsitzenden verschiedener Ausschüsse im brasilianischen Nationalkongress, in denen sie ihre Besorgnisse zum Ausdruck bringen über die drohende Verabschiedungen der Gesetzesinitiativen PL 191 zur Liberalisierung von Bergbau und Wasserkrafterzeugung in indigenen Territorien und der PL 490/2007 mit dem Zwecke der Übertragung der Demarkation indigener Territorien von der Exekutive zur Legislative.
| von Christian.russau@fdcl.org
Offener Brief: 29 Bundestagsabgeordnete gegen PL 191 zur Freigabe von Bergbau und Wasserkrafterzeugung in indigenen Territorien
Ibama-Kontrolleur:innen der Einsatzgruppe Grupo Especializado de Fiscalização (GEF) setzen Maschinen illegaler Goldgräberei in der Terra Indígena Munduruku im Bundesstaat Pará außer Betrieb. Foto: Vinícius Mendonça/Ibama (CC BY-SA 2.0)

Foto: Ibama-Kontrolleur:innen der Einsatzgruppe Grupo Especializado de Fiscalização (GEF) setzen Maschinen illegaler Goldgräberei in der Terra Indígena Munduruku im Bundesstaat Pará außer Betrieb. Foto: Vinícius Mendonça/Ibama (CC BY-SA 2.0)

29 Bundestagsabgeordnete haben heute, am 4. April, zwei Offene Briefe an ihre Kolleg:innen im brasilianischen Abgeordnetenhaus und im Senat versandt, in denen sich die Abgeordneten aus den Parteien von Bündnis90/Die Grünen, SPD, FDP und die Linke gegen die PL 191 und die PL 490 aussprechen und ihre Besorgnis über diese Gesetzesinitiativen zum Ausdruck bringen. Beide Briefe liegen KoBra in deutscher und portugiesischer Version im Original vor. Diese beiden Gesetzesinitiativen sind Teil einer Reihe von Gesetzesvorlagen, die - so die Abgeordneten des Deutschen Bundestages - "die Fragen der physischen, territorialen Integrität der indigenen Territorien, der Umweltgesetzgebung sowie der gerechten Landverteilung in Brasilien" beträfen. Wörtlich heißt es in dem Brief: "Mit großer Besorgnis haben wir zu Kenntnis genommen, dass in einer Abstimmung am 9.3.2022 die Entscheidung getroffen wurde, die PL 191/2020 als „dringlich“ einzustufen und sie noch im April zur Abstimmung kommen soll – trotz der Proteste indigener Organisationen und schwerwiegender verfassungsrechtlicher Bedenken, die u. a. vom Ministerio Público vorgebracht wurden."

Sowohl Brasilien als auch Deutschland stünden "besonderen Hausforderungen durch die sich verschärfende Klimakrise gegenüber", so die Abgeordneten. Die Lösungen dafür lägen "auch in bester Fortsetzung und Vertiefung der bilateralen Beziehungen beider Länder beim Schutz und Erhalt der für Brasilien und die Weltgemeinschaft so enorm bedeutsamen brasilianischen Biome wie Amazonien, Cerrado, Pantanal und Atlantischer Regenwald. Besondere Bedeutung muss der Achtung, dem Schutz und der Gewährleistung der indigenen Menschen- und Territorialrechte zukommen", so die Abgeordneten.

Die Bundesrepublik Deutschland habe, so schreiben die Abgeordneten in ihren zwei wortidentischen Briefen an die brasilianischen Abgeordnetenkammer und den Senat weiter, "nicht zuletzt durch die wichtigen Erfahrungen im Rahmen unserer langjährigen strategischen Partnerschaft mit Brasilien, die unerlässliche Bedeutung der indigenen Völker und Gemeinschaften für den Walderhalt in Brasilien erkannt und die Fragen indigener Rechte und Walderhalt zu Schwerpunktthemen unserer bilateralen Entwicklungskooperation gemacht". Dies drücke sich auch in der im vergangenen Jahr erfolgten Ratifizierung der Konvention Nr. 169 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zum Schutz der Rechte indigener Völker durch den Deutschen Bundestag aus. Zu den nun im brasilianischen Nationalkongress anstehenden Gesetzesinitiativen PL 191 und der PL 490 finden die Abgeordneten folgende Worte: "Eine Ratifizierung der oben genannten Gesetzesinitiativen würde eine massive Gefährdung der Rechte der indigenen und traditionellen Völker und Gemeinschaften Brasiliens bedeuten. Wir bitten Sie daher, sich persönlich mit Nachdruck für die Ablehnung der oben genannten Gesetzesvorhaben einzusetzen."

// Christian Russau