Im Widerstand für den Chico Velho
Einen Dialog mit der Zivilgesellschaft hatte der Franziskanerpater Dom Luiz Cappio mit seinem Hungerstreik gegen die Flussumleitung im September 2005 mit großer Öffentlichkeitswirksamkeit eingefordert. Im Vorfeld des Wahlkampfes war Lula auf die Forderung eingegangen. Seit der heißen Wahlkampfphase jedoch fand kein Dialog mehr statt, und die Regierung signalisiert auch keine Dialogbereitschaft mehr, sondern lässt das Militär mit vorbereitenden Maßnahmen beginnen.
Dom Luiz Cappio hatte sich im Februar zwei Mal gemeinsam mit der Dialogkommission, die sich aus verschiedenen sozialen Bewegungen zusammen setzt, in offenen Briefen an Lula gewandt und gefordert, die Gespräche wieder aufzunehmen – jeweils ohne Erfolg. Das Angebot wiederholte die Dialogkommission Anfang Juni.
Die Umweltbehörde IBAMA hatte noch im März die Baulizenz für die Umleitung vergeben, obwohl die Staatsanwaltschaft davon abgeraten hatte: Das Projekt war nach Erarbeitung der Studien verändert worden und daher wären neue Studien notwendig. Nach wie vor fehlt auch die endgültige Entscheidung des Obersten Gerichtshofes hinsichtlich der laufenden elf Einspruchsverfahren gegen das Ableitungsprojekt. Um dennoch mit den vorbereitenden Bauarbeiten beginnen zu können, beauftragte der Integrationsminister Geddel Viera Lima hiermit Anfang Mai das Militär, denn für dieses gilt eine Sonderregelung. Geddel Viera Lima, der in den vergangenen Jahren stets gegen die Umleitung opponiert hatte, ersetzt seit Mitte März den Hardliner Pedro Brito als Integrationsminister. Dies hatte zunächst die Hoffnung aufkeimen lassen, Lula würde seine Position doch verändern.
Doch schon zum Zeitpunkt seiner Amtseinführung hatte Geddel sich eines anderen besonnen: „Ich habe das Projekt besser kennen gelernt und mich entwickelt“, sagte er, „das Projekt ist für niemandem von Nachteil“. Der Baubeginn steht unmittelbar bevor.
Nach Einschätzung der CPT ist das Gespräch angesichts der fehlenden Dialogbereitschaft nicht mehr das geeignete Instrument, und so setzt sie inzwischen vor allem auf eine breite Mobilisierung der Zivilgesellschaft. Mitte März gab es ein großes Protest-Camp in Brasília. Seit Ende April besteht eine Arbeitsgruppe aus verschiedenen Organisationen, darunter CETA, MAB, RODA, Efacor, CPT, Quilombola-Gemeinschaften, Arbeitergewerkschaften und die Jugendpastorale. Die Organisationen planen ab Mitte Juni ein weiteres unbefristetes Protest-Camp mit mindestens 400 Personen direkt an der Baustelle in Petrolândia.