Zunahme der Gewalt auf dem Land

Die Landkonflikte in Brasilien haben sich 2012 in einer Zunahme der Gewalt niedergeschlagen. Allein in den ersten vier Monaten des Jahres wurden 14 Personen im Zusammenhang mit Landkonflikten ermordet, viele andere erhielten Morddrohungen. Laut der brasilianischen Landpastorale Comissão Pastoral da Terra (CPT) hängen diese Morde mit einer Regierungspolitk zusammen, die die Markierung von Quilombola- und Indigenengebieten sowie ein Vorantreiben der Agrarreform aufgegeben hat und stattdessen massiv in das Agrobusiness investiert (vgl. CPT (2012): 1). Hintergrund der Gewalt ist auch das neue Waldschutzgesetz, der Código Florestal, gegen das Dilma zwar ein Teilveto eingelegt hat, das jedoch die Agrarlobby stärkt, und die Verschiebung der Zuständigkeit der Anerkennung von Indigenengebieten von der Exekutive auf die Legislative.
| von Yôko Woldering


Die Morde wurden hauptsächlich in den Gebieten der Ausweitung der brasilianischen Agrargrenzen begangen und sind Teil neuer Landkonflikte, die durch die erwähnte Gesetzgebung gefördert werden. Die Ausweitung dieser Konflikte geschieht nicht zufällig, sondern ist Teil einer Politik des Ausschlusses bestimmter Bevölkerungsgruppen, wie Landlose oder Indigene, und einer systematischen Zerstörung der natürlichen Ressourcen und Lebensgrundlagen dieser. 2011 habe die CPT dem mit Ministeriumstatus ausgestattetem Sondersekretariat für Menschenrechte bei der brasilianischen Präsidentschaft eine lange Liste jener von Morddrohnungen betroffenen Menschen überreicht, passiert sei jedoch wenig. Eine der nun im Amazonas ermordeten Personen, die 27-jährige Extraktivistin Dinhana Nink, stand auf dieser Liste. Viele der Landbesetzer_innen und Aktivist_innen werden immer wieder bedroht. Laut CPT, ist die Zunahme der Gewalt Folge der ungerechten Agrarstruktur, die für sich allein bereits gewaltvoll ist, da sie massives Elend, Hunger und Hoffnungslosigkeit produziert:
"Die Gewalt auf dem Land hängt direkt zusammen mit der Landkonzentration. Ihre Überwindung ist nur mit einer Demokratisierung des Zugangs zu Grund und Boden durch eine Politik der Agrarreform, der Benennung von Quilombolagebieten und der Markierung indigener Gebiete möglich, die die Latifundienstruktur durchbricht." (vgl. ebd.: 3f., Übersetzung von YW)