Umweltschützer im Amazonas leben gefährlich
Er ist einer der wenigen Menschen, die sich dafür einsetzen, den Kampf zum Schutz des Regenwalds der 2005 ermordeten Schwester Dorothy Stang fortzuführen. "Pastor Henri hat einen tief verankerten Respekt für die Menschen, seien es landlose Bauern, Landarbeiter oder Farmbesitzer", sagt die Anwältin Antônia Santos. Doch dieser Respekt beruht nicht auf Gegenseitigkeit. Der Kopf von Roziers ist 100.000 Reales wert - ca. 50.000 Dollar, die von den Farmern als Belohnung für seine Ermordung ausgesetzt wurden. Das ist doppelt soviel, wie die "Fazenderos" im Jahr 2005 für den tödlichen Anschlag auf die Missionsschwester Dorothy Stang bezahlt haben.
"Es gibt keinen besseren Ort, einen Menschen töten zu lassen, als hier im Urwald von Pará" bedauert der Koordinator der CPT in Goiás, Tomás Balduíno, 86 Jahre.
900 Km von Belém entfernt, liegt Xinguara umgeben von Farmen, die zum grössten Teil durch die Goldgräberei tief im Urwald entstanden sind. Dort gibt es auch viele Ansiedlungen von den sogenannten landlosen Bauern. In den letzten Monaten haben die Spannungen in der Region extrem zugenommen, denn es sind viele Zuwanderer aus fernen Regionen in die Minengebiete geströmt, um ihr Glück zu versuchen. Diese explosive Mischung von Menschen fördert die Kriminalität.
Grossgrundbesitzer, die ungestraft die Wälder für die Rinderzucht abbrennen und gnadenlos die Landarbeiter ausbeuten; illegale Holzhändler, die tausende Urwaldriesen fällen; Goldsucher, die mit Quecksilber die Flüsse verseuchen; Menschenhändler, die Prostitution fördern und Pistoleros, die auf lukrative Mordaufträge warten. Pastor Henri ist ein Mensch, der hartnäckig gegen die Straflosigkeit dieser Auftragsmorde kämpft. Er ging in Sorbonne in Frankreich zur Schule, studierte Jura in Cambridge in England und machte seine Doktorarbeit an der Universität in Paris. Er ist als Fremder nach Brasilien gekommen, genau wie Dorothy Stang, und deshalb extrem gefährdet.
Trotz der Drohungen hat er gerade eine neue Kampagne begonnen. Er fordert Polizeischutz für die 70 Anführer der ländlichen Gewerkschaftsbewegungen, die ebenfalls von den Farmern bedroht werden. Und er drohte, seinen permanenten Schutz zurückzuweisen. "Ich ziehe es vor, dass die Regierung die Gelder, die zu meinem Schutz ausgegeben werden, in den Schutz der Dutzenden von bedrohten Vertretern des Volkes investiert", sagt er. Das Kopfgeld zur Tötung von Henri des Roziers beträgt 100.000 Reales, noch - es wird vermutet, dass die wütenden Fazenderos die Belohnung des unbequemen Umweltschützers und Menschenrechtlers bald erhöhen.
Im Juni erlitt Henri einen leichten Schlaganfall und wurde im Hospital São Camilo do Ipiranga in São Paulo behandelt. Doch er gab nicht auf und war bald wieder zurück in seinem Kampf für Umweltschutz und Menschenrechte im Amazonas, sehr zum Leidwesen der mächtigen Farmbosse, die ihm nach dem Leben trachten. Sein Einsatz bescherte Henri des Roziers im Jahr 2005 den Internationalen Preis für Menschenrechte Ludovic-Trarieux, der auch Nelson Mandela verliehen wurde.
Zur Zeit setzt er sich unermüdlich für die Abschaffung der sogenannten "Medida Provisional" ein, eine kürzlich verabschiedete Massnahme der Regierung, die den Schutz des Regenwaldes erheblich reduziert. "Diese Massnahme im Amazonas wird nur noch mehr Grossgrundbesitz, Umweltzerstörung und Ausbeutung der Landarbeiter nach sich ziehen. Das muss unbedingt rückgängig gemacht werden", fordert Henri. Der Abgeordnete Ronaldo Caiado hält vehemment dagegen: "Wenn er glaubt, dass der ganze Regenwald öffentlicher Besitz ist, muss er sich wohl erst einmal für eine Verfassungsänderung einsetzen".
Trauer und Herausforderungen zeichneten das Leben von Pastor Henri des Roziers. In seiner Jugend erlebte er den Widerstand seiner Eltern gegen die Nazibesetzung Frankreichs mit. In seiner Militärdienstzeit war er in Algerien, wo er schnell auf die Seite der Unabhängigkeitsbewegung wechselte.
Zurück in Frankreich unterstützte er die Bauernbewegung und 1968 die Studentenrevolte. Als er von den Fällen der Folter von Pastoren in Brasilien durch die Militärdiktatur hörte, die in Frankreich im Asyl lebten, beschloss er, nach Pará in den Amazonas zu gehen. "Die Anwesenheit von Henri des Roziers ist eine extreme Geste von Solidarität und Grosszügigkeit mit Brasilien", sagt der Koordinator der CPT in São Félix do Araguaia, Bischof Pedro Casadáglia, 81 Jahre. "Ich hoffe, er wird noch lange leben und noch viel für unsere Umwelt und Menschenrechte erreichen können".