Lula, die Unterlassung siegt über die Hoffnung!
Unermüdlich schreiben wir Briefe und putzen bei den Regierungsorganen die Klinken, ohne dass wir eine Antwort auf unsere Probleme bekommen. Trotz aller unserer Anstrengungen bleibt die Regierung uns gegenüber nachlässig und untätig, wenn es darum geht, die Abgrenzung unserer Gebiete zu garantieren.
Die Gewinnsucht und die kapitalistische Ausbeutung haben mehr Bedeutung für die Regierung Lula als das physische und kulturelle Überleben unserer Völker. Das erklärt die Abgrenzung von nur elf Gebieten während der letzten zwei Jahre, es erklärt die Verkleinerung des Kayapó-Gebietes Baú, die noch immer ausstehende Anerkennung von Raposa / Serra do Sol in Roraima und die flächendeckenden politischen Verhandlungen über die Verkleinerung unserer Gebiete, die staatlicherseits von Kommissionen mit lokalen und regionalen antiindigenen Vertretern geführt werden. Die Verzögerung der Abgrenzungsverfahren fördert Konflikte, etwa im Gebiet Monte Pascoal der Pataxó (BA), der symbolische Bedeutung für den indigenen Einsatz im Land hat. Beklagenswert ist auch der Verlauf der Verhandlungen über das Recht auf Gesundheit und Bildung der Völker. Diese Rechte, so zeigt sich am Beispiel der indigenen Völker im Nordosten, werden vom Demarkierungsbeginn der Gebiete abhängig gemacht.
Im Sinne der Bergwerksgesellschaften bemüht man sich um Regelungen für den Bergbau in indigenen Gebieten, ohne sich zuvor um die Verabschiedung des neuen „Statuts der Indigenen Völker“ zu kümmern. Als Fall sei hier das Gebiet Cinta Larga in Rondônia angeführt.
Wenn Eindringlinge wirtschaftlich und politisch an den Ressourcen in indigenen Gebieten interessiert sind, werden die indigenen Rechte bei gerichtlichen Entscheidungen auf allen Ebenen immer häufiger beschnitten. Zahlreiche Gutachten wurden im Sinne von Invasoren verfasst, woraufhin dann die Vertreibung von Indigenen aus deren Gebieten angeordnet wurde. Dies gefährdet das Überleben von Indigenenvölkern, wie bspw. den Guarani Kaiowá (MS) oder auch den Indigenen im Gebiet Rio Branco in Rondônia, wo ein Kraftwerk gebaut werden soll.
Im Nationalkongress beobachten wir starke politische Seilschaften, angeführt von Interessensvertretern des Agrobusiness, und unterstützt von wichtigen Teilen der Regierung, die darauf abzielen, unsere Rechte einzuschränken. Zahlreiche Gesetzes- und Verfassungsänderungsvorschläge wurden eingebracht, um die indigenen Rechte zu unterdrücken, vor allem hinsichtlich der Gebiete und der darin vorkommenden natürlichen Ressourcen.
Der jüngste Vorschlag ist völlig verfassungswidrig. Der vom Berichterstatter Delcídio Amaral (PT/MS) eingebrachte PLS 188 wird von der Regierung Aldo Rebelo (PC do B) unterstützt. Dem Vorschlag zufolge sollen unter anderem laufende Abgrenzungsverfahren eingestellt werden, damit über Gebietsgrenzen verhandelt werden kann, die den wirtschaftlichen und politischen Interessen der im Bundessenat vertretenen Politiker entsprechen.
Diese Politik zielt auf eine ausbeutende und verschwenderische Entwicklung ab und dient nur dem haltlosen Konsum der Eliten. Sie ist ein Gewaltakt gegen unsere Völker. In den Jahren 2003 und 2004 wurden etwa 50 Indigene ermordet. Reisproduzenten legten in den Dörfern Feuer, Frauen und Kinder erhielten Morddrohungen und Verbündete in Roraima wurden entführt. Kinder der Xavante starben im Lager am Strassenrand, weil den Xavante das bereits demarkierte Land verweigert wurde. Jetzt, Anfang 2005, erhielten wir die Besorgnis erregende Information, dass fünf Indigene vom Volk Djohum Djapá am oberen Jutaí in der Region Vale do Javari (AM) von Holzunternehmern getötet wurden. Im Norden und Süden des Landes finden Einfälle in zahlreiche indigene Gebiete statt. Die Diskriminierung wird auch bei politischen Diskussionen und Aktivitäten der Behörden offensichtlich, wo man unser Recht auf Vielfalt missachtet. Offensichtlich wird sie auch, wenn das territoriale indigene Recht im Grenzgebiet missachtet und die Gründung von nichtindigenen Siedlungen zur Garantie der "nationalen Souveränität" angeordnet wird, wenn man die indigene Identität von erstarkten Völkern in Abrede stellt, wenn über die spezifische indigene Gesundheit und Bildung lediglich diskutiert wird.
Die indigene Politik hat sich in den letzten zwei Jahren nicht wirklich verändert. Sie zielt auf Integration ab und ist zentralistisch, unterdrückend und bevormundend. Die Regierung bemüht sich keineswegs um eine neue indigene Politik, trotz der von Lula eingegangenen "Verpflichtung für die indigenen Völker". Versprochen wurde eine neue Politik, an der die Zivilgesellschaft und die indigenen Völker voll beteiligt sein würden. Noch im ersten Regierungsjahr sollte dieser partizipative Prozess bei einer indigenen Konferenz eingeleitet werden.