Indigene Völker schlagen einen härteren Tonfall an
Sein Vorgänger hatte am 11. August seinen Rücktritt angeboten, nachdem der Justizminister Márcio Thomas Bastos ihn hierzu aufgefordert hatte. Grund seien Schwierigkeiten bei der Zusammenarbeit, so Bastos. Eduardo Almeida hingegen hatte eine andere Sichtweise hierauf: Er sah dies als einen Schlag gegen seine Arbeit der politischen Vernetzung und gegen die indigenen Völker selbst. Hinter der Aufforderung zum Rücktritt vermutete er die Interessen von Bergbauunternehmen, Goldsuchern und Sojaproduzenten.
Gleichzeitig wird die Kritik der indigenen Organisationen an der Indigenenpolitik der Regierung Lula immer lauter. Nach Informationen der COIAB (Coordinação das Organisações Indígenas da Amazônia Brasileira – Koordination der Indigenenorganisationen des brasilianischen Amazoniens) brachen am Tag der Amtseinführung des neuen Präsidenten der FUNAI indigene Führungspersonen in verschiedensten Gebieten Brasiliens mit der Regierung. Viele hatten darauf gehofft, dass erstmals ein indigener Vertreter, in diesem Falle der Índio Antônio Apurinã, in die Präsidentschaft der Behörde berufen würde, und nicht der für seine Gegenposition zur PT bekannte Mércio Pereira Gomes. „Die Regierung hat eine Gelegenheit versäumt, mit den indigenen Völkern in Dialog zu treten, und uns zu sagen, dass wir in der Lage sind, eine solche Behörde zu lenken, und sei sie auch noch so kompliziert“, äußerte sich der Generalkoordinator der COIAB, Jecinaldo Barbosa Cabral.
„Wo sind die Eintragungen von Landrechten, insbesondere der historischen und sinnbildlichen indigenen Gebiete von Raposa / Serra do Sol? Wo sind die Demarkierungen? Wo sind die finanziellen Mittel, die die indigenen Gebiete und das Überleben der indigenen Gemeinschaften garantieren? Wo ist der Dialog der Regierung mit den indigenen Völkern?“, klagte auch der Indianermissionsrat CIMI in einer Stellungnahme anlässlich der Amtseinführung des neuen Präsidenten der FUNAI. Und dann wurde der CIMI noch deutlicher: „Vielleicht gibt es ein Wort, das die Haltung der Regierung gegenüber den indigenen Völkern treffend zusammenfasst: Verachtung“.
Vor allem werfen die indigenen Organisationen der Regierung vor, dass eine indigene Politik in Lulas Brasilien bislang überhaupt nicht existent ist. Sie fordern daher eine Definition einer Indigenenpolitik für Brasilien, und eine Zuweisung finanzieller Mittel an die entsprechenden Organe. Die Indianerbehörde FUNAI operiert quasi mit einem Null-Haushalt. Auch die Anerkennung des Indigenen Statuts, die seit 1994 von Seiten des Nationalkongresses aussteht, fordern die indigenen Organisationen ein. Bereits vor 10 Jahren sollten sämtliche indigenen Gebiete Brasiliens vermessen und vollständig eingetragen sein. Stattdessen ist dies in vielen Fällen, allen voran der Raposa / Serra do Sol, noch immer nicht geschehen. Im Fall Raposa / Serra do Sol gehen indigene Organisationen noch immer davon aus, dass die Anerkennung des Gebietes einem politischen Tauschgeschäft zum Opfer fiel.
Im Zusammenhang mit Landkonflikten hat es in diesem Jahr bereits elf indigene Tote gegeben, sieben weitere wurden in anderen Zusammenhängen umgebracht. „Wir werden den Druck auf die Regierung erhöhen, damit unsere Rechte respektiert werden“, drohte Jecinaldo von der COIAB. „Und wenn dieser Druck nicht ausreichen sollte, werden wir uns die MST zum Beispiel nehmen und unser Land besetzen, wie dies bereits in Mato Grosso geschehen ist. Wir möchten nicht, dass dies notwendig wird. Was wir tatsächlich möchten, ist der Dialog“.