MST-Kongress und der andauernde Kampf um die Agrarreform
Vom 10.-14. Februar 2014 fand der VI. Nationale Kongress der MST in Brasília statt. Seit 30 Jahren kämpft die brasilianische Landlosenbewegung um eine gerechtere Landverteilung und die Umsetzung einer umfassenden Agrarreform. 400.000 Familien kamen seitdem über die MST zu Land, 90.000 Familien warten auf besetztem Land auf ihre Besitztitel. Das sind rund 2 Millionen Menschen, die so von der Arbeit auf ihrem Land leben können. Auf dem Kongress wurde der neue Fünfjahresplan der MST Reforma agrária popular vorgestellt, bei dem es nicht nur um die Landlosen, sondern um die Ernährungssouveränität aller Brasilianer*innen geht. Zentral ist dabei die Umstellung aller MST-Betriebe auf ökologischen Landbau, die bei einigen großen Kooperativen bereits begonnen wurde. Mit der Forderung der Ansiedlung von mindestens 100.000 Familien pro Jahr marschierten schließlich im Rahmen des Kongress' 15.000 Demonstrierende zum Regierungssitz von Präsidentin Rousseff. Die Regierung ließ am nächsten Tag verlautbaren, dass sie überlege, jährlich 33.000 Familien anzusiedeln. Mit dieser Aussage bleibt sie weit unter den Forderungen. Zudem waren 2013 nur 7.000 Familien angesiedelt worden.
Am 9. Mai 2014 verlieh die MST ihren Forderungen mit dem „Nationalen Tag der Kämpfe für die Agrarreform“, der Jornada Nacional de Lutas por Reforma Agrária, Nachdruck. In 17 Bundesstaaten mobilisierte die MST zu insgesamt 60 Besetzungen von Land und Gebäuden, der Blockierung von Autobahnen und Märschen in den Städten. Angeprangert werden die Stagnation der Agrarreform in den letzten drei Jahren. Die Hauptforderungen sind: ein Notfallplan für die Ansiedlung von mehr als 100.000 Familien; der Stopp des Nationalen Programms für ländlichen Wohnraum, dem Programa Nacional de Habitação Rural; neue Kredite für die familiäre Landwirtschaft; eine Erweiterung und Verstärkung der Abnahme von Lebensmitteln, die von angesiedelten Bäuerinnen und Bauern produziert werden.
Am 8. Mai 2014 besetzten in São Paulo rund 1.500 Aktivist*innen das Gebäude der Firma Odebrecht. Odebrecht agiert nicht nur als Immobilienmulti in den Städten und ist in zahlreiche Bauten zur WM 2014 und Olympia 2016 involviert, sondern spielt auch im Agrarbusiness mit. Ein Investitionssektor ist dabei die Ethanol-Produktion. Odebrecht besitzt die Fabrik Usina Alcída im Bundesstaat São Paulo sowie eine Aktienbeteiligung am Japanischen Multi Sojitz Coporation durch die ETH Bioenergia, ein Konzern, der zu Odebrecht gehört. 17 MSTler*innen trafen sich am selben Tag mit dem Gouverneur des Bundesstaates São Paulo Geraldo Alckmin, um die Agrarreform für die Region zu diskutieren.
In Salvador kampierten mehr als 3.000 MSTler*innen vor dem Sitz der Agrarreformbehörde INCRA und forderten eine schnellere Umsetzung der Agrarreform sowie die Aufklärung des Mordes am Aktivisten Fábio Santos am 2. April 2013 in Iguaí. Auch während der Mobilisierungen wurden drei Menschen getötet.