Indigene Völker reichen Beschwerde gegen die Indigenenbehörde FUNAI beim Obersten Gerichtshof ein

Die Vereinigung der indigenen Völker Brasiliens (APIB) reicht beim Obersten Bundesgerichtshof STF in Brasília eine Beschwerde gegen die Nationale Indigenenbehörde FUNAI ein, da diese ein Drittel der indigenen Gebiete in Brasilien gezielt vernachlässige und dadurch in Gefahr brächte.
| von Christian.russau@fdcl.org
Indigene Völker reichen Beschwerde gegen die Indigenenbehörde FUNAI beim Obersten Gerichtshof ein
Symbolbild Gebäudewand der FUNAI-Niederlassung in Altamira. Foto: christianrussau

Am vergangenen Freitag (14.) reichte die Vereinigung der indigenen Völker Brasiliens (APIB) beim Obersten Bundesgerichtshof STF in Brasília eine Petition gegen die Nationale Indigenenbehörde FUNAI ein und forderte zudem von der Bundesstaatsanwaltschaft MPF die Einleitung einer zivilrechtlichen Untersuchung gegen den FUNAI-Koordinator, Alcir Teixeira. Darüber berichtet auch der Indigenenmissionsrat CIMI unter Berufung auf die Erklärung der APIB.

Hintergund ist, dass die für die Indigenenpolitik der brasilianischen Bundesregierung zuständige Behörde FUNAi seit dem 29. Dezember 2020 alle noch nicht abschließend demarkierten indigenen Gebiete von den eigentlich vorgesehenen staatlichen Schutzmaßnahmen ausschliesst. Auslöser der beim STF eingereichten Petition samt Beschwerde der APIB ist die Anordnung des FUNAI-Koordinators für die territoriale Überwachung der indigenen Gebiete, Alcir Teixeira, die dieser als Leitfaden für die regionalen Koordinator:innen, die Umwelt- und Gebietsverwaltungsdienste sowie für die lokalen technischen Koordinator:innen der FUNAI und den ihr untergeordneten Einrichtungen Ende 2020 veröffentlicht hatte. Demnach erachtete die eigentlich für den Schutz der Indigenen und deren Gebiete zuständige Behörde FUNAI die Durchführung von Gebietsschutzmaßnahmen als erst nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens zur Demarkation, d.h. nach der Homologierung der Demarkation durch ein Präsidialdekret und der Eintragung der Immobilien im Namen der Union, als zulässig; alle demnach noch nicht abschliessend demarkierten Gebiete fielen nicht in die Zuständigkeit der FUNAI. Die FUNAI-Leitung folgte darin einem Rechtsgutachten der eigenen Behörde.

"Mit diesem verfassungswidrigen Akt sanktionieren die Regierung Bolsonaro und ihr Gerichtswesen die indigenen Völker und setzen sie ein für alle Mal jeglicher Gewalt aus, die von den verschiedenen kriminellen Organisationen ausgeübt wird, die weiterhin in indigene Gebiete eindringen: Grileiros, Holzfäller, Viehzüchter, Bergleute, Bergbauunternehmen, Pächter, kurz gesagt, alle Unternehmen und Konzerne, die darauf abzielen, indigene Gebiete wirtschaftlich auszubeuten", warnt die Leitung der APIB in aller Schärfe.

Diese als mindestens grob fahrlässige (wenn nicht gar als mit Vorsatz ausgeübte) Maßnahme der FUNAI bedeutet die Aufgabe eines Drittels der bestehenden indigenen Gebiete in Brasilien und betrifft gerade die rechtlich am meisten gefährdeten Gebiete, die unter ständigen Invasionen leiden und in denen 114 indigene Völker leben, die sich freiwillig isoliert haben oder erst seit kurzem Kontakt haben. In Brasilien gibt es derzeit 724 indigene Gebiete, von denen 487 vollständig demarkiert sind. Über 200 traditionelle Gebiete sind demnach direkt von der Maßnahme der FUNAI betroffen. Da es Schätzungen zufolge zudem 114 indigene Völker gibt, die sich in freiwilliger Isolation befinden beziehungsweise erst kürzlich Kontakt aufgenommen, so erhöht sich die Anzahl der nun durch die Weigerung der FUNAI, diesen Gebieten ebenfalls den notwendigen Schutz zugutekommen zu lassen, weiter. Zusätzlich zu der Petition reichte APIB bei der Bundesstaatsanwaltschaft MPF die Anzeige gegen den FUNAI-Koordinator Teixeira ein. Weitere 15 indigene Organisationen reichten laut dem CIMI-Bericht beim MPF ebenfalls einen Antrag auf verwaltungsrechtliche Unzulässigkeit gegen die FUNAI ein.

// christian russau