Brasiliens Arbeitsministerium: Kein Rausreden für BASF im Falle von Sklavenarbeit als bloßer Abnehmer, sondern de facto-Boss

BASF war "tatsächlicher Arbeitgeber" der Anfang März aus den sklavenähnlichen Bedingungen auf Reisfeldern in Uruguaiana im Westen von Rio Grande do Sul befreiten Arbeiter:innen, sagt das brasilianische Arbeitsministerium, wie das Portal G1 soeben berichtet.
| von Christian.russau@fdcl.org
Brasiliens Arbeitsministerium: Kein Rausreden für BASF im Falle von Sklavenarbeit als bloßer Abnehmer, sondern de facto-Boss
Logo des brasilianischen Arbeitsministeriums (gemeinfreie Lizenz)

BASF wurde vom brasilianischen Ministerium für Arbeit und Beschäftigung MTE als "tatsächlicher Arbeitgeber" der (laut G1 mittlerweile) 85 Arbeiter:innen benannt, die aus den sklavenähnlichen Bedingungen auf Reisfeldern in Uruguaiana im Westen von Rio Grande do Sul befreit wurden (KoBra hatte berichtet). Die Bundesstaatsanwaltschaft für Arbeit und das MTE hatte den Namen des Unternehmens zunächst nicht bekannt gegeben, um die Ermittlungen nicht zu behindern, aber der Bericht von RBS TV bestätigte den Namen des Unternehmens mit Quellen, berichtet nun das Infoportal G1.

Die Behörde wies laut G1 darauf hin, dass das Unternehmen "die absolute Kontrolle und das Management über alles, was auf der Plantage geschah, einschließlich der Ausbildung und des Einsatzes der geretteten Arbeiter" hatte. Zudem meldet G1, BASF sei vom Arbeitsministerium aufgefordert worden, die Arbeiter:innen sozialversicherungsrechtlich zu registrieren und die ihnen zustehenden Abfindungen in Höhe von insgesamt 365.516,55 Reais (derzeit umgerecznet 64.000 Euro) rückwirkend zu zahlen. Davon unberührt bleiben die nun noch von einem Gericht zu entscheidenden möglichen weiteren Haftungen und Strafzahlungen, sollte das Gericht der Ansicht der Behörden folgen, dass BASF juristische Verantwortung für den Straftatbestand der sklavenarbeitsähnlichen Zwangsbeziehungen, unter denen die 82 Arbeiter:innen litten.

Nach Angaben des Arbeitsministeriums, so der Bericht bei G1 weiter, haben die mit dem multinationalen Unternehmen verbundenen Fachleute nicht nur technische Ratschläge erteilt und Schulungen durchgeführt, sondern "an der Einstellung von Arbeitskräften mitgewirkt, indem sie die Anzahl der einzustellenden Arbeitskräfte angegeben und das Arbeitsvolumen und die Form der Bereitstellung auf täglicher Basis kontrolliert haben." Ein von G1 zitierter Arbeitsinspektor sagte dazu: "Die Anwerbung von Arbeitskräften, die Überwachung und Kontrolle der Arbeitsschritte sowie die Genehmigung der Bezahlung nach Beendigung des Dienstes wurden von den von ihr [BASF, Anm.d.A.] direkt oder indirekt beauftragten Agronomen durchgeführt und/oder bestimmt".

Nach Angaben des Arbeitsministeriums konnte bei der Untersuchung der Funktionsweise von Arbeitsverträgen in diesem Fall festgestellt werden, dass das multinationale Saatgutunternehmen einen Saatgutproduktionsvertrag mit der Lieferfirma abschloss und versuchte, sich von den vertraglich vereinbarten Arbeitsverhältnissen zu distanzieren. "Die Beziehung zwischen dem multinationalen Unternehmen und den ländlichen Erzeugern ist keine rein kommerzielle Beziehung. Dies wäre der Fall, wenn der multinationale Konzern lediglich der Käufer der Ernte wäre. Diese Beziehung kann als Partnerschaft bezeichnet werden, da sie die gemeinsame Verwaltung aller Produktionsphasen umfasst", erklärte der Arbeitsinspektor gegenüber G1 weiter.

Diese vom brasilianischen Arbeitsministerium festgestellte direkte Beziehung zwischen BASF und den aus der Sklavenarbeit befreiten Arbeiter:innen in Form des "tatsächlichen Arbeitgebers" wird die brasilianischen Gerichte voraussichtlich ebenso beschäftigen wie sich die Beamt:innen des beim deutschen Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) angesiedelten Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), das für die Kontrolle der Einhaltung des Lieferkettengesetzes zuständig ist, sich nun damit beschäftigen müssen. Denn dort beim BAFA heißt es zum Lieferkettengesetz u.a.:

"Ziel des LkSG ist der bessere Schutz der Menschenrechte und Rechtsicherheit für Unternehmen. Durch das Gesetz werden in Deutschland ansässige Unternehmen ab einer bestimmten Größe verpflichtet, ihrer Verantwortung in der Lieferkette in Bezug auf die Achtung international anerkannter Menschenrechte durch die Umsetzung der menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten besser nachzukommen. Dadurch sollen zum einen die Rechte der von Unternehmensaktivitäten betroffenen Menschen in den Lieferketten gestärkt, zum anderen den legitimen Interessen der Unternehmen an Rechtssicherheit und fairen Wettbewerbsbedingungen Rechnung getragen werden. Das Gesetz gilt ab 2023 für Unternehmen mit mindestens 3.000 Beschäftigten und ab 2024 für Unternehmen mit mindestens 1.000 Beschäftigten in Deutschland.

Das BAFA ist für die Durchsetzung der gesetzlichen Anforderungen verantwortlich.

Neben seiner Rolle als Kontrollinstanz, die bei Verstößen geeignete Buß- und Zwangsgelder verhängen kann, unterstützt es Unternehmen mit konkreten Informationen bei der Umsetzung des Gesetzes."

// Christian Russau