Anhörung zur Einrichtung einer Nationalen Indigenen Wahrheitskommission

Im Bundesstaat Minas Gerais fand unter Einladung der Bundesstaatsanwaltschaft MPF eine erste Anhörung statt, um die Einsetzung einer landesweiten Indigenen Wahrheitskommission zur öffentlichen Aufklärung der Verbrechen der brasilianischen Militärdiktatur an Indigenen voranzutreiben.
| von Christian.russau@fdcl.org
Anhörung zur Einrichtung einer Nationalen Indigenen Wahrheitskommission
Terra Indígena Krenak, Minas Gerais. Foto: christian russau

Es ist eine der noch offenen Forderungen der Nationalen Wahrheitskommission von 2014: die Einrichtung einer landesweiten Indigenen Wahrheitskommission zur öffentlichen Aufklärung der Verbrechen der brasilianischen Militärdiktatur an Indigenen. Zu diesem Zwecke hielt die Bundesstaatsanwaltschaft MPF am 27. Oktober eine öffentliche Anhörung in einem hybriden Format ab mit dem Ziel, Informationen für die Umsetzung der Empfehlungen der Nationalen Wahrheitskommission (CNV) und der Staatlichen Wahrheitskommission von Minas Gerais zu sammeln, die auf die Einrichtung einer Nationalen Indigenen Wahrheitskommission abzielen. Die Veranstaltung fand im Auditorium des MPF in Belo Horizonte und auf einer virtuellen Plattform statt, mit einer Live-Übertragung auf dem Youtube-Kanal des MPF. Dies berichtet das MPF auf seiner Internetseite.

Indigene Menschen aus verschiedenen ethnischen Gruppen und Regionen des Landes sowie Vertreter:innen der Zivilgesellschaft nahmen persönlich oder über die virtuelle Plattform an der Veranstaltung teil. Während der mehr als sechsstündigen Sitzung am 27. Oktober legten die Teilnehmenden Zeugnis über die während der Militärdiktatur an den indigenen Völkern begangenen Verbrechen ab und betonten die Bedeutung der Einrichtung einer nationalen indigenen Wahrheitskommission und machten Vorschläge zu den Zielen, der Methodik und der Zusammensetzung der künftigen Kommission. Ziel der Anhörung war es, die Umsetzung der Empfehlungen voranzutreiben, die in dem im Dezember 2014 veröffentlichten Bericht der Nationalen Wahrheitskommission (CNV) zum Ausdruck gebract wurden. Die CNV, die die während der Militärdiktatur in Brasilien begangenen Verbrechen untersuchte, sprach mehrere Empfehlungen in Bezug auf die indigenen Völker aus, darunter die Notwendigkeit, eine solche nationale indigene Wahrheitskommission einzurichten, um die an diesen Völkern begangenen schweren Menschenrechtsverletzungen aufzuarbeiten. Unter den Menschenrechtsverletzungen, die von und während der brasilianischen Militärdiktatur an Indigenen in Brasilien begangen wurden, finden sich neben physischer Gewalt, Folter und Ermordungen auch Fälle von Zwangsumsiedlung indigener Völker sowie die Enteignung und der Entzug von Territorien. Aus diesem Grund empfahl die CNV auch die Einrichtung einer Arbeitsgruppe innerhalb des Justizministeriums, um die noch nicht erfolgten Amnestie- und Wiedergutmachungsprozesse in Bezug auf die betroffene indigene Bevölkerung endlich in die Wege zu leiten. Die Sitzung am 27. Oktober warf ein besonderes Augenmerk auf die Fälle der Krenak im Bundesstaat Minas Gerais. Des Weiteren ging es auch um Fragen von ökologischen Wiederherstellungsmaßnahmen von enteignetem und degradiertem indigenen Land als eine Form der kollektiven Wiedergutmachung für die schweren Verletzungen der Rechte der indigenen Bevölkerung. Für die Staatsanwälte Edmundo Antonio Dias und Marlon Alberto Weichert, die die Anhörung leiteten, bestand das Hauptziel der Veranstaltung darin, die Notwendigkeit der Einrichtung einer Kommission zu bekräftigen, die auf der Anhörung der indigenen Völker beruht. "Die Wiederaufnahme der Übergangsjustiz in unserem Land ist angesichts einer autoritären Vergangenheit, die darauf besteht, sich zu vergegenwärtigen, absolut dringend", so die Staatsanwälte.

Weitere Informationen zur damaligen nationalen Wahrheitskommission finden sich auf der Webseite von KoBra unter anderem hier.


// Christian Russau