BRASILIEN: Siemens an Aufarbeitung der Militärdiktatur nicht weiter interessiert
Der Aufsichtsratsvorsitzende Gerhard Cromme unterbrach die Rede des Vertreters der Kritischen Aktionäre, der Fragen stellte in Bezug auf die Verstrickung von Siemens in die Repressionsorgane der brasilianischen Militärregierung, und sagte: „Das liegt jetzt 40 Jahre zurück! Uns interessiert Siemens heute.“
In Brasilien wurde im Dezember 2014 der Abschlussbericht der Nationalen Wahrheitskommission veröffentlicht, der die Menschenrechtsverbrechen der brasilianischen Militärdiktatur von 1964-1985 untersuchte. Laut diesem Bericht war neben anderen Firmen auch Siemens in die brasilianische Militärdiktatur verstrickt. In dem Abschlussbericht heißt es: „Neben Bankiers haben mehrere multinationale [Konzerne] den Aufbau des Oban finanziert, darunter Firmengruppen wie Ultra, Ford, General Motors, Camargo Corrêa, Objetivo und Folha. Des Weiteren kollaborierten Multis wie Nestlé, General Eletric, Mercedes Benz, Siemens und Light.“
Im Oban, das ab 1970 DOI-CODI hieß, wurden 66 Menschen ermordet, 39 von diesen starben dort unter den Qualen der Folter. Von weiteren 19 Menschen stammt ihr letztes Lebenszeichen, dass sie verhaftet und ins DOI-CODI verbracht wurden. Seither gelten sie als verschwunden.
Die kritischen Aktionäre forderten Aufklärung. Siemens müsse sich seiner historischen Verantwortung stellen und sich dazu bekennen. Auf den Einwand Crommes, nicht weiter an der Vergangenheit interessiert zu sein, entgegneten die Kritischen Aktionäre: „Herr Cromme! Sie verunglimpfen das Angedenken der Menschen, die unter der Folter gestorben sind! Das ist zynisch!“
Der Vorstandsvorsitzende von Siemens, Joe Kaeser, sagte im Anschluss, Siemens habe in seinem Wirtschaftsarchiv nachgeschaut und keine diesbezüglichen Hinweise finden können.