Staudammwahnsinn im Tapajós-Becken
Das Tapajós – Becken[1] ist im hydrologischen System Amazoniens der westliche Nachbar des Rio Xingu. 820.000 Menschen leben in der Region, darunter 10 indigene Gruppen. Im Flussbecken verfügen Pflanzen- und Tierwelt über einen großen, noch nicht vollständig erforschten Artenreichtum. Aus dem südlichen Hochland kommend, speisen die Quellflüsse Teles Pires (Grenze Mato Grosso/Pará), Jamanxim (Pará) und die Juruena-Flüsse den Tapajós. Das Flusssystem von Teles Pires und Tapajós erstreckt sich auf eine Länge von knapp 2.300 Kilometern. Der Ausbau der Flüsse wird vorangetrieben, weil sie als Wasserstraßen für die Abfuhr der agroindustriellen Produkte und reichhaltigen Bodenschätze gebraucht werden. Die Stromerzeugung durch Wasserkraft in der Region dient vor allem den Metallhütten der Alu- und Eisenerzgewinnung, die jeweils sehr energieintensiv sind.
Am Rio Tapajós sollen drei Großstaudämme entstehen, die Wasserkraftwerke São Luiz do Tapajós, Jatobá und Chacorão. Ihr Bau würde knapp 200.000 Hektar Waldfläche überfluten[2], darunter 11.000 Hektar Nationalparkfläche. Verschiedene indigenen Gruppen wären von den Auswirkungen betroffen: Die Munduruku, Apiaká de Pimental, Akaybãe, Remédio, Sai Cinza, São Martinho and Boca do Igarapé Pacu. Die Munduruku kamen im April in die Schlagzeilen, weil sie erfolgreich eine Intervention von Militär- und Polizeikräften abgewehrt hatten, die die technische Vorbereitung des Staudammbaus überwachen sollten. Die Munduruku protestieren gegen die Staudammpläne des São Luiz do Tapajós und fordern Mitspracherechte gegenüber der Regierung. Im Juni erreichten die Indigenen einen Verhandlungserfolg mit der Regierung, die ihre Wissenschaftler von vorbereitenden Studien in der Region abzog. Die Präsidentin wollte während der landesweiten Massenproteste keine weiteren Negativschlagzeiten riskieren. Die Bewegung der Staudammbetroffenen MAB und das lokale Bündnis Itaituba Acordou, vem pra rua![3], in dem sich u.a. viele Studierende zusammengeschlossen hatten, mobilisierten mit ihren Protesten 300 Personen. Die Munduruku hatten sich mit dem vorübergehenden Festhalten von Wissenschaftlern gegen das Projekt auf ihrem Land zur Wehr gesetzt.[4] Am Bau des Wasserkraftwerks beteiligen sich derzeit die Firmen: Camargo, Correa, Cemig, Copel, EDF, Endesa Brasil, GDF, SUEZ, Neoenergia, Eletrobras und Eletronorte[5].
Für die Tapajós-Zuflüsse sind zusätzliche Dämme in der Planung vorgesehen: Vier entlang des Jamanxim, fünf entlang des Teles Pires und weitere zwölf entlang der Juruena – Flüsse.
Um die Umweltverträglichkeit zu steigern und das Negativ-Image der Regenwaldzerstörung zu vermeiden, wählten die Planer eine ungewöhnliche Konstruktion. Zwei der Dämme am Tapajós und fünf am Teles Pires sollen ähnlich wie Erdölplattformen ohne Zufahrtstraßen aus der Luft versorgt werden. Dennoch würde ihr Bau die Überflutung von 930 Quadratkilometer Waldfläche in Schutzgebieten und Nationalparks bedeuten. Unglaubwürdig scheint das Konzept auch wegen der abweichenden benötigten Arbeiter_innenzahl. Während eine Bohrinsel mit 175 Arbeitern auskommt, sind beim Staudammbau 12.000 Personen auf einer Baustelle beschäftigt Das Vorhaben sieht nach einer Imagekampagne der Regierung aus, zumal bislang keine konkreten Konzepte vorliegen, wie die Umsetzung realisiert werden soll.
Endnoten:
[1] http://www.internationalrivers.org/campaigns/tapaj%C3%B3s-basin
[2] http://www.internationalrivers.org/resources/tapaj%C3%B3s-basin-dams-3352#platformdams
[3] http://www.mabnacional.org.br/noticia/mab-e-popula-itaituba-continuam-mobilizados
[4] http://www.kooperation-brasilien.org/de/themen/landkonflikte-umwelt/etappensieg-fuer-indigene-munduruku
[5] http://www.mabnacional.org.br/amazonia/tapajos/sobre_o_projeto