Staudamm Belo Monte: Wegen Dürre nur eine Turbine in Betrieb und Fische sterben wegen erhöhter Wassertemperatur
Kritiker:innen des 11-GW-Staudamms Belo Monte am Xingu-Fluss im amazonischen Bundesstaat Pará hatten seit 2011 mit Nachdruck davor gewarnt, dass der Bau des Staudamms nicht nur zu massiven sozialen und ökologischen Konsequenzen führen würde, sondern dass die von Regierung und Baukonsortien und Betreiberin zugrunde gelegten wirtschaftlichen Kalkulationen sich bald als Makulatur erweisen würden. Nun zeigt sich in schonungsloser Klarheit, dass die Befürworter:innen des damals drittgrößten Staudamms der Welt Unrecht und die Kritiker:innen Recht hatten. Nur leider ist dies für niemanden ein Grund zur Freude.
18 Turbinen sollten sich nun in den Wassermassen des Stauwerks Belo Monte, gelegen hinter dem Staureservoir, das 80 Prozent des Wasser des Fluss von der Volta Grande abzapft und ins Reservoir umleitet, drehen und Strom für Brasiliens expandierende Wirtschaft und Gesellschaft liefern. Im Moment dreht sich eine Turbine, und die dreht sich nur mit halber Kraft. Die aktuelle Ausnutzung des Stromgestehungspotentials von Belo Monte liegt wegen der derzeitigen Dürre im Xingu-Einzugsgebiet seit Anfang August bei nur 2,67 Prozent, wie Medien berichten. Genau dies hatten Kritiker:innen seit der Bauentscheidung im Jahr 2011 immer wieder betont, dass das 11-GW-Ziel der Vollast nur wenige Monate im Jahr erreichbar wäre, und das von daher die Wirtschaftlichkeitsberechnung des Wasserkraftwerks obsolet wäre. Und genau dies zeigt sich derzeit am Xingu-Fluss in aller Klarheit.
Seit ihrer Fertigstellung hat die Anlage von Belo Monte weniger produziert als von den Expert:innen für die Trockenzeit berechnet wurde. Zum Zeitpunkt des Baus ging man davon aus, dass das Kraftwerk in den Monaten der Trockenzeit täglich durchschnittliche 690 MW erzeugen würde. Derzeit liegt die Leistung bei 300 MW. Für das gesamte Jahr wurde eine durchschnittliche Leistung von 4.000 MW erwartet. Im vergangenen Jahr lag sie bei 3.293 durchschnittlichen MW und 2019 bei 3.027 durchschnittlichen MW, wie aus den Daten des Nationalen Stromnetzbetreibers (ONS) hervorgeht. Belo Monte hat also nie die wirtschaftlichen Erwartungen erfüllt, und derzeit ist die Leistung so niedrig wie nie.
Hinzu kommt, dass durch die Dürre das wenige verbliebene Wasser sich aufheizt, und es dadurch zu vermehrtem Fischsterben kommt, wie nun Medien berichten. "Das ist absurd, denn es handelt sich um Fische, die der Bevölkerung als Nahrung dienen könnten, und einige sind Zierfische, die in großen Städten einen Marktwert haben, wie die Acará-Bandeira. Hier haben wir Pacu, die als Nahrung dienen könnten, aber im Moment nur noch Futter für Geier sind", so der Biologieprofessor Rodolfo Salm von der Universidade Federal do Pará (UFPA) gegenüber Medien. Dies wiegt in einer grassierenden Pandemie wie der von Corona um so schwerer, wenn Menschen sich finanziell kaum am Leben erhalten können und ihre Ernährungssicherheit bedroht ist.
So zeigt sich, Belo Monte war und ist und bleibt ein Fiasko: Anwohner:innen wie Fischer:innen, Zierfischfänger:innen und Kleinbäuer:innen wurden ihrer Lebensgrundlage beraubt, die Umsiedlungen waren ungenügend, die Entschädigungszahlungen unzureichend, die Volta Grande wurde auf 100 Kilometer Flusslänge nahezu trockengelegt, die dort anrainend lebenden Indigenen und Flussanwohner:innen konnten den Fluss nicht mehr als Fischfanggebiet, noch zum Transport der Boote benutzen, Moskitoplagen suchen die Gegend heim, die Rotoren der Turbinen zerhackten Fische, Fische gehen in erwärmten Wasser ein und nun zeigen die nackten Produktionszahlen zudem das ganze ökonomische Fiasko. Und all dies im Namen von "Entwicklung" und "grüner" Energie.
// christian russau