Protestnote zum Angriff auf das Zentrum der Organisation Wakoborun der Munduruku-Frauen in Jacareacanga
Berlin/Freiburg, 26.03.2021
Der Vereinssitz Associação das Mulheres Munduruku Wakoborun in der Kleinstadt Jacareacanga im Südwesten des amazonischen Bundesstaates Pará wurde am gestrigen Donnerstag von einer Menschenmenge angegriffen. Es kam zu gewalttätigen Übergriffen auf vor Ort Anwesende. Die Angreifer gaben sich als indigene Munduruku, die als Goldsucher:innen im illegalen Goldbergbau auch in indigenen Gebieten arbeiten, zu erkennen, die gegen die Arbeit der Frauen des gemeinnützigen Frauenvereins Wakoborun vorgingen, das Zentrum angriffen, die Fassade des Gebäudes beschmierten und in das Haus illegal eindrangen und drinnen das Mobiliar des Gebäudes und Dokumente und andere Vereinsmaterialien in Brand steckten und zerstörten, so die Munduruku-Frauen, die den Vorfall bei der Bundesstaatsanwaltschaft MPF in Pará meldeten, die eine Untersuchung des Falles einleitete.
Die Associação das Mulheres Munduruku Wakoborun ist ein gemeinnütziger Verein von Munduruku-Frauen, den diese vor wenigen Jahren in Jacareacanga, Pará, am Tapajós-Fluss gelegen, gegründet haben, um den erforderlichen Widerstand der Munduruku-Frauen gegen zerstörerische Großprojekte in der Tapajós-Region und den dortigen Indigenen Territorien wie Staudämme, Wasserkraftwerke und Wasserstraßen, Bergbaugroßprojekte und illegalen Kleinbergbau zu koordinieren und sich selbst eine in der Öffentlichkeit gehörten Stimme zu geben.
Dies ruft angesichts ihrer sowohl lokalen, wie regionalen als auch internationalen Erfolge Mißgunst, Neid und Hass hervor bei jenen, die die zerstörerische Entwicklung vor Ort weiter vorantreiben wollen. Dies führte in jüngster Zeit dazu, dass dieser Hass in Morddrohungen gegen mehrere Munduruku-Frauen der Associação das Mulheres Munduruku Wakoborun führte, die sich daraufhin an geheimen Orte verstecken müssen. Gestern nun gipfelte der Hass in dem Anschlag eines Mobs auf das Zentrum Wakoborun.
Dies geschieht in einem politischen Klima von Angst, Hass, Rassismus und Gewaltverherrlichung einer brasilianischen Bundesregierung eines Jair Bolsonaro, der bereits vor Amtsantritt öffentlich erklärte, „den Indigenen keinen Zentimeter Landes mehr zu geben“. Bolsonaro und sein ihm politisch gleichgesinnter Umweltminister Ricardo Salles hatten nie einen Hehl aus ihrer Sympathie für Goldschürferei jeder Art, ob legal oder illegal, gemacht und bereits im ersten Regierungsjahr mehrmals öffentlich das eigentlich gesetzeskonforme Vorgehen der Umweltbehörde Ibama gegen illegale Brandrodungen und Goldschürferei aufs Schärfste kritisiert. Bolsonaro und Salles erließen Anordnungen, damit das Privateigentum der (illegal und kriminell operierenden) Goldschürfer:innen nicht länger von den Beamte:innen des Ibama zerstört werden dürfe. Umweltminister Salles traf sich während seiner nun knapp anderthalb Jahre währenden Amtszeit zudem wiederholt mit erklärt illegal operierenden Goldschürfer:innen und illegal Tropenholz rodenden Akteur:innen, ließ sich bereitwillig händeschüttelnd und in die Kameras grinsend mit diesen ablichten und versprach ihnen eine „neue“ Umweltpolitik im Land. Im Visier der Goldsucher:innen stehen vor allem Indigene Territorien.
Die Folge zeigt sich nun in zunehmender Brutalität in Jacareacanga und im Gebiet der Munduruku.
Wir fordern die brasilianische Bundesregierung auf:
1. Sofortige Schutzmaßnahmen für die Associação das Mulheres Munduruku Wakoborun und die bedrohten Frauen!
2. Prozesseröffnung und Bestrafung der Täter und deren Hintermänner!
3. Anerkennung der Integrität der indigenen Territorien und Gebiete! Verpflichtende Durchführung kompletter freier, vorheriger und informierter Befragung der Indigenen bei allen sie und ihre Territorien und Gebiete betreffenden Projekte und Maßnahmen!
Wir fordern zudem die deutsche Bundesregierung auf, alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel zu nutzen, um den Schutz der Munduruku-Frauen gegenüber staatlichen Regierungsstellen in Brasilien einzufordern.