Illegaler Bergbau in Amazonien weiter aktiv
Eine neue Studie von Greenpeace Brasilien zeigt das Ausmaß des anhaltend deutlichen Voranschreitens des illegalen Goldbergbaus in den Indigenen Territorien in Brasiliens Amazonien: Im Jahr 2023, des ersten Jahres der neuen Präsidentschaft von Luiz Inácio Lula da Silva, der das erklärte Ziel des Zurückdrängens des illegalen garimpos herausgegeben hatte, zeigt sich, dass die Erfolge der Regierung in Amazonien weiter auf sich warten lassen (KoBra hatte bereits im letzten "Brasilicum" darüber berichtet): der illegale Goldbergbau in den Indigenen Territorien hat der Greenpeace-Erhebung zufolge allein im Jahr 2023 1.410 Hektar Land der Indigenen Territorien der Kayapó, Munduruku und Yanomami zerstört. Dies entspräche laut Greenpeace-Berechnungen vier Fußballfeldern je Tag. Die zusammengerechnete vom illegalen Goldbergbau in den drei Gebieten verwüstete Fläche beläuft sich Greenpeace-Angaben zufolge auf mittlerweile über 26.000 Hektar indigenen Landes.
Die Daten belegten, so Greenpeace, dass die Bemühungen zur Bekämpfung und Überwachung des illegalen Bergbaus seitens der Behörden noch unzureichend sind, so dass dringende und gezielte Maßnahmen erforderlich seien. Die indigenen Gebiete der Kayapó, Munduruku und Yanomami sind dem Bericht zufolge am stärksten von der Ausweitung des Bergbaus betroffen - laut einer Inpe-Studie entfallen 95 Prozent des illegalen Bergbaus in den indigenen Gebieten auf diese drei Gebiete. "Jede Stunde, die mit Garimpeiros in indigenen Gebieten vergeht, bedeutet, dass mehr Menschen bedroht werden, ein Teil des Flusses zerstört wird und mehr Artenvielfalt verloren geht. Wir brauchen jetzt ein bergbaufreies Amazonasgebiet", sagt der Sprecher von Greenpeace Brasilien, Jorge Eduardo Dantas. "Wir haben viel über die Bemühungen der Regierung zur Bekämpfung des illegalen Bergbaus im indigenen Land der Yanomami in Roraima gelesen und gehört. Wir dürfen jedoch nicht vergessen, dass die Gebiete der Kayapó- und Munduruku-Völker in Pará schwer geschädigt wurden und wir auch dort die Maßnahmen und die Durchsetzung der Gesetze verstärken müssen. Der politische Wille allein reicht nicht aus", so Dantas.
Das sieht auch der Sprecher der Indigenen Munduruku so: "Die Bergbauaktivitäten gehen weiter. In diesen Tagen haben wir zwei Flöße auf dem [Fluss] Cabitutu gesehen, und auch auf anderen Flüssen. Das ist eine große Herausforderung für uns", sagt Munduruku-Anführer Ademir Kabá. Auf der Suche nach Lösungen haben die Anführer der drei Völker - Kayapó, Munduruku und Yanomami - unlängst die Allianz zur Verteidigung der Territorien gegründet, die bei den Behörden intensive Lobbyarbeit betreibt, um den Anliegen der Indigenen dort mehr Gehör zu verschaffen.
Vor allem der illegale Bergbau im indigenen Land der Yanomami hatte große Medienöffentlichkeit erzeugt: denn dieser hatte sich gegen Ende der Amtszeit von Jair Bolsonaro im Vergleich zum Jahr 2020 – als die Bundespolizei mit der Überwachung der Region begann - fast verdreifacht. Den Daten zufolge waren im Jahr 2020 14 km² des Gebiets vom Bergbau betroffen, 2021 waren es 23,73 km² und 2022 41,83 km², was einem Anstieg von 76 % in einem Jahr und 198 % seit Beginn der Überwachung entspricht. Regierung und Medien gingen von zwischenzeitlich 40.000 illegal vor Ort tätigen Goldschürfer:innen aus, teils mit modernster (und kapitalintensiver) Technik, was den Blick auf die Frage nach der Finanzierung dieser Operationen seitens mächtiger Kapitalfraktionen (legaler oder illegaler Herkunft) verweist.
"Ich kann Ihnen sagen, dass es keinen illegalen Bergbau mehr geben wird, und ich weiß, wie schwierig es ist, den illegalen Bergbau zu beseitigen. Ich weiß, dass wir schon andere Male versucht haben, sie zu beseitigen, und sie kamen zurück, aber wir werden es tun. Leider kann ich Ihnen nicht sagen, bis wann, aber was ich sagen kann, ist, dass wir es tun werden", hatte Präsident Luiz Inácio Lula da Silva von der regierenden Arbeiter:innenpartei PT am 21. Januar vergangenen Jahres gesagt, als Antwort auf eine Frage der Nachrichtenagentur Amazônia Real während einer Pressekonferenz in Boa Vista im Bundesstaat Roraima in Bezug auf die Hauptforderung des Anführers der Yanomami, Davi Yanomami, die 30.000 Bergleute aus dem Gebiet schnellstmöglich von dort zu entfernen.
Ab Anfang 2023 - dem Beginn der Amtszeit der Lula-Regierung - startete Brasília die ersten ernsthafteren Versuche in der Post-Bolsonaro-Zeit, den illegalen Goldbergbau aus dem Yanomami-Territorium zu vertreiben. Dazu zählte der Einsatz von Militärkräften in Amazonien zur Absicherung der Arbeit der Umweltbehörde IBAMA zur Unterbindung der illegalen Goldgräberei, der Einsatz der Bundespolizei zur chemischen Herkunftanalyse von Golderzen aus dem Yanomami-Territorium zur späteren Identifizierung von Goldproben aus illegalen Quellen wie dem Yanomami-Gebiet, der Abschaffung durch den Obersten Gerichtshof der sogenannten Erklärung auf Treu und Glauben beim Ersterwerb von Gold aus unbekannter Quelle sowie die Einführung durch die Bundessteuerbehörde Ende März einer neuen normativen Anweisung, in der sie die elektronische Rechnung für die Vermarktung von Gold aus dem Bergbau ab Juli 2023 einführt, um die Nachverfolgbarkeit des Goldes zu verbessern. Im Juni vorigen Jahres erließ Präsident Lula ein Dekret, dass den Einsatz des Militärs in der Yanomami-Region auf breitere Basis stellte und den Militärs auch die Möglichkeit gab, illegale Goldgräber:innen in flagranti zu verhaften, was sonst nur Polizeikräften gestattet wäre.
Aber selbst die Regierung in Brasília selbst gesteht mittlerweile öffentlich ein, dass der Garimpo vor allem im Yanomami-Territorium noch immer im vollen Gange ist. Und offensichtlich auch in weiteren Indigenen Territorien. Der am Weltmarkt so hoch wie nie kotierte Goldpreis trägt dazu sicherlich auch seinen Teil dazu bei. Es braucht also offensichtlich noch andere Maßnahmen, um den illegalen Goldbergbau aus den Indigenen Territorien zu verbannen.