"Ihre Doppelmoral muss enden!"
"Sehr geehrte Damen und Herren,
mein Name ist Alan Tygel und ich komme aus Brasilien. Ich bin Mitglied der permanenten Kampagne gegen Agrargifte und für das Leben. Dort sind soziale Bewegungen, Gewerkschaften und Forschungsinstitute aus Stadt und Land zusammengeschlossen, um auf die Folgen von Ackergiften in unserem Land hinzuweisen.
Im Jahr 2017 war BASF in Brasilien die Agrochemikalienfirma mit dem höchsten Umsatz. Dennoch verhindert der Mangel an Transparenz seitens BASF, dass die Öffentlichkeit Zugang hätte zu detaillierteren diesbezüglichen Informationen. Daher muss ich Sie fragen:
Wie hoch war im Jahr 2018 der Marktanteil von BASF im Bereich Agrargifte in Brasilien?
Wie hoch war im Jahr 2018 der Marktanteil von BASF im Bereich transgenes Saatgut in Brasilien?
Wir wissen, dass eine der grossen Gewinnerinnen der Übernahme von Monsato durch Bayer BASF war, die einen Grossteil der transgenen und Ackergiftsparte von Bayer übernommen hat. Daher wil ich von Ihnen wissen:
Ist BASF nach der Monsanto-Übernahme weiterhin Nummer 1 im Agrarchemikaliengeschäft in Brasilien?
Welche Änderungen beim Marktanteil von Agrargiften und transgenen Saatgut erwarten Sie für 2019?
Laut dem brasilianischen Register für Agrargifte des Landwirtschaftsministeriums ist BASF aktuell mit 113 Pestiziden für den Vertrieb registriert. Darunter finden sich 45 Produkte, in denen 11 aktive Wirkstoffe sind, die in der EU verboten sind: Chlorfenapyr, Cyanamide, Fipronil, Flufenoxuron, Glufosinate, Imazapic, Imazapyr, Imazethapyr, Quinclorac, Saflufenacil, Sethoxydim.
Merkwürdigerweise finden sich auf der Internetseite der BASF Brasilien noch zwei weitere Wirkstoffe, die Sie in Brasilien vertreiben, die aber in der EU verboten sind: Im Agrogift Poncho das Clothianidin und im Agrogift Storm der Wirkstoff Flocoumafen. Insgesamt kommen wir da also auf 13 Wirkstoffe, die in der EU verboten sind, aber von Ihnen in Brasilien verkauft werden, dies stellt im Übrigen einen Anstieg um 44% dar gegenüber dem Jahr 2016, als die Kritischen Aktionäre die letzte diesbezügliche Untersuchung durchgeführt hatten und zu der nun die aktuelle Erhebung hinzukommt. Ich frage Sie deshalb:
Warum tauchen die Agrargifte Poncho und Storm nicht im offizielle Agrogift-Register System Agrofit auf? Wurde die Registrierung korrekt vorgenommen? Bitte schicken Sie mir in Kopie alle entsprechenden Unterlagen zu. Das können Sie gerne an die Adresse des Dachverbands der Kritischen Aktionäre schicken, die Adresse ist Ihnen ja bekannt.
Wie sieht Ihr Ausstiegsplan für diese Wirkstoffe aus, da die ja nicht nur für Europäer, sondern auch für Brasilianer giftig sind?
Im Allgemeinen behaupten Sie immer, dass Sie die Gesetze der Länder respektieren und befolgen, in denen Sie aktiv sind. De facto liegen auch keine Beweise für ungesetzliches Handeln Ihrer Firma in Brasilien vor. Das bringt mich aber zur Frage nach Ihrem Einfluss auf die brasilianische Gesetzgebung. Daher will ich wissen:
In Brasilien gibt es vier Behörden, die mit der Freigabe von Agrargiften und transgenen Saatgut zu tun haben: Gesundheitsbehörde Anvisa, Umweltamt Ibama, das Landwirtschaftsministerium und die Biosicherheitskommission CTNBio. Hat BASF an Treffen mit Vertretern einer dieser Behörden seit August 2016 teilgenommen, wenn ja, wie oft, mit wem und welche Themen wurden dort besprochen?
Bitte beziffern Sie die Lobbykosten der BASF Brasilien für die Jahre 2015, 2016, 2017 und 2018.
In Bezug auf die EU, üben Sie dort auch Lobbyarbeit aus? Wie hoch sind hier die Kosten für die genannten Jahre?
In Brasilien haben wir heute eine rechtsextreme Regierung, die Hassdiskurse gegen Schwarze, Homosexuelle und Indigene predigt. Diese Regierung äußert zudem kuriose Dinge in Bezug auf Deutschland, z.B. dass die Nazi-Regierung Deutschlands entschuldbar sei.
Die Fraktion und Lobby der Grossfarmer war entscheidend für die Wahl von Bolsonaro. Der bedankt sich gerade mit 152 neuen Agrogiften, die seine Regierung in nur 100 Tagen freigegeben hat. Das entspricht 1,5 Agrargiften pro Tag. 1 Agrogift im Übrigen davon ist von BASF.
Wir verstehen, dass BASF als Privatunternehmen Ihrem Gewinn nachstrebt, also diese produzierten Gifte auch verkaufen will. Sie gehen noch darüber hinaus. Dazu habe ich aber noch einige Nachfragen:
BASF ist Mitglied von Andef, ABAG und Sindiveg, Lobbyorganisationen der Agrochemieunternehmen Brasiliens. Welche Kosten entstehen Ihnen jährich durch diese Mitgliedschaften? Aufgeschlüsselt bitte je nach Organisation.
ABAG, Sindiveg und Andef haben einen offenen Brief an Bolsonaro geschickt, in dem sie die Rentenreform begrüssen, eine Rentenreform, die die Rente der Landarbeiterinnen und Landarbeiter massiv und bei armen Aten die Rente gar um die Hälfte kürzen wird. Wieso unterstützt BASF in Brasilien diese ungerechte Rentenreform?
Andef und Sindiveg haben vor Kurzem die Plattform AgroSaber veröffentlicht, um das Gesetzesvorhaben 6299/2002 zu unterstützen, das allgemein als “Gesetzespaket des Gifts” bekannt ist. Dieses Gesetz würde nach Inkrafttreten die offizielle Freigabe für krebserregende, erbgutverändernde und reproduktionsbeeinflussende Agrargifte bedeuten. Wieviel Geld haben Sie in das Projekt AgroSaber gesteckt? Ist es Teil der offiziellen Politik von BASF, sich in die internen Angelegenheiten eines Gastlandes einzumischen?
Noch eine kurze Frage zur Werbung:
Warum ist es notwendig, die Gesellschaft mittels Werbung davon zu überzeugen, dass die BASF-Produkte gut seien? Hat das vielleicht damit zu tun, dass eingentlich alle wissen, was die Realität des brasilianischen Agrobusiness ist, nämlich Sklavenarbeit, Ermordung von Kleinbauern, Waldrodung, Luft- und Wasserverschmutzung, Ausbeutung und massiver Einsatz von Agrargiften?
Dieser Doppelmoral Ihrer Firma muss ein Ende gesetzt werden. In Europa essen und trinken Sie Ihre saubere Nahrung und Getränke, haben starke Grenzwerte und eine ganze Reihe verbotene Pestizide. Und in Brasilien machen Sie satte Gewinne, mit den in Europa verbotenen Pestiziden und lobbyieren dafür sogar noch unsere Politiker – alles zu Ihrem eigenen Wohle und dem Ihrer Aktionäre.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit."
// Übersetzung: Christian Russau