Hälfte des brasilianischen Goldhandels aus illegaler Garimpo-Herkunft
In Jundiaí im brasilianischen Bundesstaat São Paulo, etwa 50 km von São-Paulo-Stadt entfernt, wurden vergangene Woche infolge von Ermittlungen der Bundespolizei gegen die Firma Gana Gold insgesamt 39 Kilo Goldbarren beschlagnahmt. Gana Gold legte Dokumente vor, die besagten, dass das Gold legal abgebaut worden wäre und der Firma gehöre. Doch die Untersuchungen der Bundespolizei wiesen nach, dass die Lizenzen und Zertifierungsdokumente der Firma gefälscht waren. Deren gefälschte Forschungslizenz stammt der Stadt Itaituba, also vom Mittleren und Oberen Tapajós, also dort wo die Munduruku seit Jahren gegen illegale Garimpeiros sich zur Wehr setzen, also dort wo die Munduruku seit Längerem sagen, dass es mafiöse Strukturen im Munizip gebe, also dort wo ein Mob von Garimpeiros letztes Jahr den Überfall auf die Aldeia Fazenda Tapajós durchgeführt und die Gebäude in Brand gesteckt hatte, weil dort eine der indigenen Anführerinnen des Widerstands der Munduruku-Frauen gegen den illegalen Goldbergbau wohnt.
Die Bundespolizei legte Satellitenbilder vor, die zeigen, wie schnell sich das Unternehmen Gana Gold in den vergangenen Jahren in der Fläche ausgebreitet hat und dabei seit 2019 die Fläche von 212 Fußballfeldern zerstört hat. Die Forensiker berechneten den Umweltschaden auf fast 300 Millionen Reais, so Medienberichte. Nach der Medienanalyse gelte: "Ein solches Verbrechen in industriellem Maßstab erfordert viel Startkapital." Nach Angaben der Polizei handelt es sich bei dem Besitzer von Gana Gold um einen Transportunternehmer aus Parada de Lucas in der Nordzone von Rio de Janeiro. Das Unternehmen verfüge über einen Fuhrpark von mehr als 600 Lkw und schweren Maschinen. Nach Angaben der Polizei ist der Eigentümer derjenige, der Gana Gold wirklich betreibe. Die Bundespolizei ermittelt auch gegen Mitarbeiter:innen der Nationalen Bergbaubehörde wegen des Verdachts auf Korruption und Bestechlichkeit.
Zugleich stellte eine neue Studie kürzlich fest, dass die Hälfte des im Land gehandelten Goldes illegaler Herkunft sei. Im ganzen Land gebe es mehr als 2.000 offizielle Schürfgebiete, die über eine Bergbaugenehmigung verfügen. In Brasilien darf das in den Minen geförderte Gold nur an von der Zentralbank zugelassene Finanzinstitute verkauft werden. Zu den Dokumenten, die die Bergleute vorlegen müssen, gehört die Herkunftserklärung. Das Gesetz, das die Kommerzialisierung regelt, besagt, dass der Verkäufer für die bereitgestellten Informationen verantwortlich ist und so auf den guten Glauben des Käufers setzt. "Wer kauft, ist von der Überprüfung grundlegender Dinge befreit", so der Rechtsberater des Instituto Socioambiental, Rodrigo Oliveira, gegenüber Medien.
Nicht zu vergessen dabei ist natürlich auch die internationale Dimension: Die Schweiz ist der größte Goldverarbeiterin der Welt, fast alles geförderte Gold landet irgendwann dort in den Schweizer Raffinerien. Vor kurzem erst gab es in der Schweiz Gespräche zwischen Vertreter:innen des Dachverbands der indigenen Völker APIB, der Wakoborun-Munduruku-Frauen-Vereinigung aus der Tapajós-Region, der Bewegung Xingu Vivo para Sempre, dem Nukleus der Wächter:innen der Volta Grande do Xingu, Amazon Watch, der Gesellschaft für bedrohte Völker sowie brasilianischen und europäischen Akademiker:innen mit den Schweizer Raffinerien Metalor, PX Précinox und Argor-Heraeus, MKS Pamp, Valcambi sowie der Schweizerischen Vereinigung der Edelmetallproduzenten und -händler (ASFCMP). Die Schweizer Firmenvertreter:innen des Goldraffineriebusiness' veröffentlichten hinterher ihre Erklärung, in der sie "jeden illegalen Bergbau" verurteilen, "auch den in den indigenen Gebieten des Amazonasgebietes". Die Schweizer Raffinerien erklärten zudem, die "unkontrollierte Verwendung von Quecksilber zerstört unwiederbringlich den Lebensraum der indigenen Völker und muss gestoppt werden." Die brasilianische Regierung müsse die indigene Bevölkerung sowie die Umwelt schützen und dafür sorgen, dass die Gewalt gegen die indigene Bevölkerung durch illegale Minenbetreiber beendet werde und "Indigene und traditionelle Gemeinschaften müssen das Recht auf freie, vorherige und informierte Konsultation und Zustimmung zu Projekten haben, die ihr Territorium, ihre Umwelt, ihre wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte sowie ihre Bräuche betreffen". So weit, so gut erstmal, so schlecht, da es ein sehr allgemein gefasstes Lippenbekenntnis ist, auch wenn es nun schriftlich vorliegt. Dann folgte das Bekenntnis der Schweizer Goldraffinerien: Sie verpflichten sich, "nicht mit Gold aus indigenen Gebieten des brasilianischen Amazonasgebiets zu handeln und die notwendigen technischen und menschlichen Maßnahmen zu ergreifen, um kein illegales Gold, auch nicht aus Brasilien, anzunehmen, einzuführen oder zu raffinieren, indem sie dieses Gold zurückverfolgen und identifizieren."
Im Gegensatz zu anderen Wirtschaftszweigen wurde in Brasilien das System der elektronisch erstellten und dadurch in Echtzeit nachverfolgaber Rechnungsstellung im brasilianischen Goldsektor bisher noch nicht eingeführt. Die Verkäufe werden nach wie vor auf Papierrechnungen verbucht, was eine Überwachung der Geschäftsvorgänge in Echtzeit verhindert und die Kontrolle erschwert. Und dies führt zu den Erkenntnissen der neuen Studie Institutos Escolhas, nach welchen es Beweise gibt für die Illegalität von 229 Tonnen Gold, die zwischen 2015 und 2020 in Brasilien gehandelt wurden. Dies entspräche fast der Hälfte des gesamten vom Land produzierten und exportierten Goldes. "Wir haben Situationen überprüft, die darauf hindeuten, dass dieses Gold aus indigenem Land, aus Schutzgebieten stammt oder auf erfundenen Herkunftslizenzen basiert. Diese wurden benutzt, um Gold zu waschen, das aus einem Gebiet stammt, in dem dies nicht erlaubt ist", sagt Sérgio Leitão vom Instituto Escolhas. "Wir schlagen vor, die Erklärung des guten Willens abzuschaffen, eine elektronische Rechnung zu erstellen und eine Rückverfolgungspflicht einzuführen, so dass das Gold von dem Moment an, in dem es im Inneren des Amazonasgebietes geschürft wurde, bis zu dem Moment, in dem es einen Hafen verlässt und in ein großes Land in der Welt exportiert wird, eine Aufzeichnung all dieser Transaktionen hat, so dass derjenige, der es kauft, weiß, dass das Gold nicht aus indigenem Land oder aus Schutzgebieten stammt", sagte der geschäftsführende Direktor des Instituts.
Doch hilft das? Würde das ausreichen? Zumal zu einer Zeit, wo (nicht nur) die Munduruku am Tapajós oder die Yanomami unter der umweltzerstörerischen und menschenrechtsverletzende Gewalt des Garimpo-Business leidet, das verbal und politische Unterstützung des rechtsradikalen Präsidenten Brasiliens, Jair Bolsonaro, hat? Das indigene Volk der Munduruku mit seinen rund 13.000 Personen lebt am Jamanxim-Fluss und am Tapajós-Fluss. Die Hauptproteinquelle der Munduruku in ihren "Aldeias" ("indigenen Dörfern") stammt aus dem Fischfang, der durch den meist illegalen Goldbergbau und Goldwaschens in den Flüssen starkt quecksilberverseucht ist. Untersuchungen der staatlichen Fiocruz-Behörde für Gesundheit ergaben 2021, dass 60 Prozent der Munduruku der Terra Indígena Sawré Muybu Quecksilberwerte im Blut über den von der WHO erlaubten Grenzwert aufweisen, dessen Ursprung der Goldbergbau ist. Von 2010 bis 2021 stieg der Goldabbau in der Region um 500 Prozent, und angesichts einer diese illegalen Schürfaktivitäten verbal und politisch unterstützenden Position seitens des amtierenden Präsidenten Brasiliens, Jair Bolsonaro, dürfte der illegale Goldbergbau in Amazonien und vor allem auch in der Tapajós-Region noch weiter ansteigen.