Gentechnik und Agrargifte

Das Thema Gentechnik hängt mit dem Verbrauch von Agrargiften und damit auch mit agrarökologischen Fragen eng zusammen.
| von Yôko Woldering
Gentechnik und Agrargifte

Abgesehen von hoher Landkonzentration und der Ausbreitung des Agrarbusiness stellt ein großes Problem die brasilianische Kommission für Biosicherheit CTNBio1 dar. Diese ist u.a. zuständig für die Zulassung gentechnisch veränderten Saatgutes und muss sich immer wieder wegen ihrer Nähe zum Agrarbusiness der Kritik stellen.

Patentrecht zerstört die familiäre Landwirtschaft

Das brasilianische Patentrecht sieht eine 20-jährige Frist für Patente vor. Danach geht die Erfindung in Allgemeineigentum über und es dürfen Generika hergestellt werden. Dies gilt nicht nur für die Herstellung von Medikamenten, sondern auch für Pestizide. Für familiäre Landwirtschaftsbetriebe ist diese Regel für die Kostenreduktion der Produktion und damit das Überleben enorm wichtig. Am 17.12.2013 hat das brasilianische Patentamt Instituto Nacional de Propriedade Industrial (INPI) neue Leitlinien herausgegeben, nach denen es nun ein sogenanntes Nutzungspatent gibt. Wenn also das gleiche Agrargift, dass zur Bekämpfung von Ameisen eingesetzt wurde, später gegen Heuschrecken eingesetzt wird, erhält es erneut 20 Jahre Patentschutz. Auf diese Art und Weise werden in Brasilien lauter Patente vergeben auf pseudo- „neue“ Pestizide, womit die Kosten für die gesamte landwirtschaftliche Produktionskette steigen, insbesondere für die familiäre Landwirtschaft.2 Anhand dieses Beispiels von Verflechtungen zeigt sich die Relevanz der Agrarökologie und der Verringerung des Verbrauchs von Agrargiften umso deutlicher.

Kennzeichnung von Gentech-Lebensmitteln wird verhindert

Während der Export von brasilianischem Saatgut, vor allem Soja, nach China erhöht werden soll, werden in anderen Ländern die kritischen Stimmen zu gentechnisch veränderten Organismen immer lauter. In Frankreich wurde am 6. Mai 2014 der Anbau einer neuen Sorte Genmais sowie der einzigen in Europa zugelassenen und insektenresistenten Sorte verboten. Auch in China häufen sich kritische Artikel und Studien zum Thema. In Sri Lanka wurde der Gebrauch von Glifosat in transgenen Kulturen verboten. Sogar in den USA wird in Oregon als dem ersten Bundesstaat die Kennzeichnung gentechnisch veränderter Lebensmittel diskutiert. Trotz alledem nimmt die gentechnisch veränderte Produktion in den genannten Ländern 90% ein.

In Brasilien verhindert der Verband der Lebensmittelindustrie Associação Brasileira de Indústrias da Alimentação durch eine Klage und eine einstweilige Verfügung des Obersten Gerichtshofes die Umsetzung des im August 2012 beschlossenen Gesetztes zur Kennzeichnung gentechnisch veränderter Lebensmittel. Die Frage der Kennzeichnung tangiert mächtige Interessen: Neun der multinationalen Produzenten gentechnisch veränderter Lebensmittel hatten 2011/2012 einen Umsatz von 8,9 Milliarden US-Dollar. Die in Brasilien angebaute, gentechnisch veränderte Baumwolle wird im Zyklus 2013/2014 65% der Gesamtfläche des Baumwollanbaus ausmachen, im vorherigen Erntezyklus waren es 15% weniger.3 Trotz wachsender Kritik werden in Brasilien immer mehr gentechnisch veränderte Organismen angebaut. Und die brasilianische Kommission für Biosicherheit CTNBio prüft deren Zulassung nicht oder nur unzureichend.4

Transgene Moskitos „Aedes Aegypti“ zur Dengue-Bekämpfung?

In Brasilien wird der große Erfolg der Dengue-Bekämpfung durch das Aussetzen der transgenen Moskito „Aedes Aegyoti“ in der südlich des Fluss' São Francisco gelegenen Stadt Juazeiro in Bahia gefeiert. Die Idee ist, dass mit den vom britischen Konzern Oxitec gelieferten Larven männliche Moskitos gezüchtet werden, die die Weibchen so befruchten, dass daraus entstehenden Larven sofort sterben und sich die Dengue-Mosikto damit nicht weiter verbreiten kann. Im Viertel Mandacaru seien die Dengue-Fälle damit um 90% gesunken. Die CTNBio feiert dies als Erfolg. Laut Roberto Malvezzi, Mitglied in der CPT do São Francisco, gebe es wie so oft jedoch keine ausreichenden Studien zu diesem Experiment und Versuche würden nur in armen Regionen gemacht.5 Mandacaru ist ein vom Zentrum entfernter Distrikt, in dem viel bewässert wird. Nie gab es in Juazeiro so viele Mücken wie jetzt. Teilweise sei die Plage so schlimm, dass Bars schon Antimücken-Sprays anbieten, damit die Besucher*innen in Ruhe ihr Bier trinken können. Malvezzi fragt:

Solange es kein funktionierendes Abwassersystem gibt und in Vierteln mit 30.000 Menschen die Abwasser unter freiem Himmel abfließen, wie soll es da keine Moskitos geben? Und wie sieht es aus mit den Umweltschäden durch die transgenen Organismen? Und wurden andere mögliche Schäden für die Umwelt ausreichend geprüft?6

1Siehe auch KoBra-Ernährungssicherungsbericht | Januar 2013, S.6f..

4Siehe auch KoBra-Ernährungssicherungsbericht | Januar 2013, S.6f..

6Ebd.