MATOPIBA: Delegation untersucht Auswirkung von Landgrabbing auf die Menschenrechte
Seit der Finanz- und Nahrungsmittelpreiskrise 2008 hat sich Landgrabbing rapide ausgebreitet. Brasilien ist ein besonders attraktives Ziel der Investoren: bei der Produktion von Soja, Zucker, Mais, Baumwolle, Eukalyptus und Fleisch haben sich die Gewinne teilweise vervierfacht.
In der Region MATOPIBA im Nordosten Brasiliens, die Teile der Staaten Maranhãos, Tocantins, Piauís und Bahias umfasst, treten Landenteignungen gehäuft auf - oft nach demselben Schema: Zwischenhändler organisieren sich mit Hilfe von Einschüchterungen oder offener Gewalt Land, welches bislang von lokalen Gemeinden genutzt wurde. Sobald die Flächen freigeräumt und abgesteckt sind, werden mithilfe von Bestechung formale Besitzurkunden und Grundbucheinträge ausgestellt. Diese in Brasilien gängige Praxis wird grilagem genannt. So kann das Land an einen Investor verkauft werden, der dann erklären kann, nichts mit gewaltsamen Vertreibungen oder anderen Menschenrechtsverletzungen zu tun zu haben.
Marginalisierte Gruppen wie KleinbäuerInnen, Indigene oder Nachkommen ehemaliger Sklaven werden in Gebiete mit schlechten Böden oder wenig Wasser abgedrängt. Viele Betroffene wandern in die Städte ab, wo sie in Slums ihre Existenzen in prekären oder illegalen Verhältnissen zu sichern versuchen. Als Alternative bleibt meist nur die Arbeit unter sklavenähnlichen Bedingungen in den Agrarbetrieben, die nun ihr ehemaliges Land besetzen. Gleichzeitig führt der Kahlschlag zu einer massiven Vernichtung der Artenvielfalt.
FIAN Deutschland dabei
FIAN Deutschland ist bei der Recherche dabei, um deutsche Beteiligungen an Landgeschäften in Brasilien zu untersuchen. So hat sich beispielsweise die Ärzteversorgung Westfalen-Lippe (ÄVWL) mit 100 Millionen US-Dollar an einem dort aktiven Investmentfonds beteiligt. Seit 2012 versucht FIAN, die ÄVWL zu einem Ausstieg zu bewegen – bislang ohne Erfolg. Auch die Bundesregierung sowie die NRW-Landesregierung, die für die Einhaltung der Menschenrechte bei Investitionen deutscher Akteure verantwortlich sind, sehen bislang keinen Handlungsbedarf. FIAN wird die Ergebnisse der Recherchen daher an die zuständigen Behörden weiterleiten. „Wir hoffen, mit dem Sammeln weiterer Fakten die deutsche Regierung endlich zum Handeln zu bewegen“, so Roman Herre, Agrar-Referent von FIAN Deutschland. „Aus unserer Sicht wäre es die Aufgabe der deutschen Regierung, eine solche Untersuchung selbst durchzuführen und damit auf die menschenrechtlichen Risiken zu reagieren, die mit solchen Investitionen einhergehen.“
Die Delegation wird betroffene Gemeinden besuchen, um aus einer Menschenrechtsperspektive heraus die strukturellen Auswirkungen von Landgrabbing zu dokumentieren und analysieren. Hierbei werden sowohl die Rolle des brasilianischen Staats als auch die extraterritorialen Menschenrechtsverpflichtungen anderer Staaten untersucht, aus denen Gelder und Konzerne stammen, die an Landgrabbing beteiligt sind.
Nach der Recherche können Sie bei FIAN einen ausführlichen Recherche-Bericht anfordern.
Verfolgen Sie die Mission auf den sozialen Netzwerken unter #BrazilLandGrab und #CaravanaMatopiba.
Die Delegation wird von FIAN International organisiert. Zu den Unterstützern gehören: Action Aid International and Brazil, Aidenvironment; Cáritas Regional do Piauí; Comissão Pastoral da Terra Nacional and Piaui; Escola de Formação Paulo de Tarso (EFPT - PI); Federação dos Agricultores Familiares (FAF); Federação dos Trabalhadores Rurais na Agricultura (FETAG-PI); HEKS/EPER International Institute of Social Studies; La Via Campesina International and CLOC- La Via Campesina, Maryknoll, Paróquia de Santa Filomena, Instituto Comradio do Brasil; Rede Social de Justiça e Direitos Humanos; Sindicato dos Trabalhadores Rurais de Santa Filomena; Vara e Procuradoria Agrária - PI, PROGEIA (Santa Filomena) sowie die FIAN-Sektionen in Deutschland, den Niederlanden und Schweden.