Bundesstaatsanwaltschaft: Bergbauaktivitäten im Bundesstaat Pará sollen künftig nicht mehr von Munizipien genehmigt werden dürfen
Die Bundesstaatsanwaltschaft MPF hat der Regierung des Bundesstaats von Pará mit einer Umsetzungsfrist am Freitag vergangene Woche aufgefordert, die im Bundesstaat geltenden Vorschriften zu widerrufen oder ganz zu annullieren, nach welchen es den Munizipien obliege, über Genehmigungen von Bergbauaktivitäten bei einer Fläche von bis zu 500 Hektar Abbaugebiet selbst entscheiden zu können. Der Bundesstaat Pará ist derzeit der einzige Bundesstaat, der so eine Munizipalerlaubnis für Bergbau gestattet. Die Bundesstaatsanwaltschaft verfasste diese Forderung mit einer Umsetzungsfrist von 48 Stunden, andernfalls werde die Bundesstaatsanwaltschaft den Fall vor Gericht bringen, so die Bundesstaatsanwaltschaft auf ihrer Internetseite. Zum jetzigen Zeitpunkt hat die Bundesstaatsanwaltschaft, da die Frist mittlerweile abgelaufen ist, sich noch nicht geäußert, ob die Landesregierung dem Ansinnen nachgekommen ist oder ob nun Klage eingereicht werde.
Die Aufforderung der Bundesstaatsanwaltschaft an die Landesregierung von Pará zitiert als Basis ihrer Argumentation unter anderem eine Untersuchung der Nichtregierungsorganisationen Instituto Socio-Ambiental ISA sowie des WWF-Brasilien, in der hervorgehoben wird, dass die Umweltauswirkungen des Bergbaus nicht auf die Gemeindegrenzen beschränkt seien. So würden die hochgiftigen Abräume beispielsweise aus dem Goldbergbau durch die Flüsse nicht nur lokal, sondern regional flussabwärts verteilt und dergestalt Gemeindegrenzen überschreiten. Daher dürfe es in dem Bundesstaat nicht länger gestattet sein, dass eine Gemeinde über Genehmigungen von Bergbauaktivitäten bei einer Fläche von bis zu 500 Hektar Abbaugebiet selbst entscheide. In diesen Fällen legten Gesetzgebung und Rechtsprechung fest, dass die Genehmigung von der Landesregierung oder der Bundesregierung erteilt werden sollte, je nach den Auswirkungen und dem Standort der Minen und Bergbauaktivitäten, so die Bundesstaatsanwaltschaft.
In der Empfehlung wird darauf hingewiesen, dass das Staatssekretariat für Umwelt und Nachhaltigkeit (Semas) des Bundesstaates Pará auf einen Fragebogen im Rahmen einer vom MPF zu diesem Thema eingeleiteten Untersuchung geantwortet hat, dass es keine technischen oder rechtlichen Stellungnahmen dahingehend gebe, die die Übertragung der Genehmigungserteilung an die Gemeinden in welcher Art auch immer rechtfertigen oder als dringlich begründen würden.
Bei der häufigsten Art des Bergbaus im Amazonasgebiet, der in den Flussbetten und an den Ufern von Flüssen und Bächen durchgeführt wird - dem so genannten Ausschwemmen des Goldes, oft auch durch giftige Stoffe wie Quecksilber - bestehen die Umweltauswirkungen und -schäden neben der Entwaldung vor allem in der Veränderung der Wasserqualität durch Verschlammung und Kontamination mit Quecksilber, heißt es in der technischen Mitteilung von WWF-Brasilien und ISA. "Alle diese Auswirkungen und Schäden sind ihrer Natur nach als mikroregional oder regional zu bezeichnen, und es ist nicht möglich, von einem das Gold ausschwemmenden Bergbau auszugehen, dessen Auswirkungen auf den lokalen Bereich beschränkt sind", so die Studie von ISA und WWF.
Da die Minen im Allgemeinen in bestimmten Regionen konzentriert sind, seien die Auswirkungen noch stärker, da sie sich akkumulieren und räumlich und zeitlich kombinieren, so die Autor:innen der Studie. Wenn die Bewertung der Auswirkungen nur isoliert, Bergbau für Bergbau, vorgenommen werde, ohne diesen Kontext zu berücksichtigen, werde das gesamte Bewertungssystem verzerrt, warnen die Forscher:innen von ISA und WWF.
Vor allem die Region des Tapajós-Flusses, so die Bundesstaatsanwaltschaft, diene als Beweis: Die Auswirkungen des dortigen Bergbaus offenbarten, dass die Sedimente aus den Minen von Jacareacanga über weite Strecken entlang des Tapajós-Flusses transportiert würden, wobei sie erhebliche Beiträge aus den Nebenflüssen in Itaituba erhalten und bis nach Santarém gelangen, wo es selbst keine Bergbauaktivitäten gebe. Bereits im Jahre 2018, noch vor der jüngsten Welle der Ausweitung des Bergbaus im Amazonasgebiet infolge des Laissez-Faire-dem-Goldbergbau-Regime von Präsident Jair Bolsonaro, wies ein von der Bundespolizei PF mit Unterstützung der Bundesuniversität von West-Pará, Universität Ufopa, erstellter Bericht darauf hin, dass im Tapajós durch den illegalen Goldabbau jährlich sieben Millionen Tonnen Sediment in den Fluss geleitet werden. Diese Menge bedeute hochgerechnet, so die Bundesstaatsanwaltschaft, dass der Bergbau am Tapajós rechnerisch alle elf Jahre eine Schlammmenge in den Tapajós einleitet, die des Volumens der Schlammmenge des Samarco-Dammbruchs entspricht, der 2015 in Mariana im Bundesstaat Minas Gerais brach und den Rio Doce in Minas Gerais und Espírito Santo auf knapp 600 Kilometer Länge biologisch zerstörte.