Brasilianische Regierung lanciert Palmölprogramm
Der globale Konsum von Palmöl ist im letzten Jahrzehnt ungeheuer gewachsen: von 17 Mio Tonnen im Jahr 1998 auf 45 Mio Tonnen 2009. Derzeit werden weltweit auf etwa 13 Mio ha Land Palmen zur Ölgewinnung angebaut. In Südostasien ist die Produktion von Palmöl hauptverantwortlich für die Abholzung von Regenwald.
Ungeachtet des weltweiten Palmölbooms hat sich die Produktion in Brasilien in den letzten Jahren kaum gesteigert und sie spielt derzeit noch eine marginale Rolle. So spricht der brasilianische Agrarminister Wagner Rossi von heute 76.000 ha Palmölplantagen. Im Jahr 2004 waren es in Brasilien etwa 60.000 ha.
Das Palmölprogramm hat zwei unterschiedliche Zielrichtungen: Zum einen soll es die Versorgung Nordbrasiliens mit jährlich 120.000 Tonnen Agrokraftstoff aus Dendê-Öl sichern. So soll von den Geldern u.a. eine Verarbeitungsanlage für Palmöl in Tomé Açú gebaut werden. Zum anderen soll Agrokraftstoff an die portugiesische Gesellschaft Galp exportiert werden, die dann den europäischen Markt damit beliefern wird. Die Investitionen werden von der Petrobras Biocombustível realisiert, die auch die Vermarktung des halbverarbeiteten Rohstoffes nach Portugal organisieren wird.
Insgesamt sind 1,3 Mrd. R$ für das Programm vorgesehen. Nach Aussagen des Landwirtschaftsministers identifizierte die brasilianische Regierung im Norden und Nordosten des Landes etwa 29 Mio ha (das entspricht ca. 83% der Gesamtfläche Deutschlands), die sich für den Anbau von Palmen eigneten. Bis 2014 ist eine angesichts dieser Zahlen sehr bescheidene Steigerung der Anbauflächen auf 130.000 ha anvisiert.
Vorrangig solle das Programm auf degradierten Flächen der Region „Amazônia Legal“ (Acre, Amazonas, Amapá, Maranhão, Mato Grosso, Pará, Rondônia und Roraima) sowie auf Zuckerrohrflächen im Nordosten des Landes zum Einsatz kommen. Dieses Bestreben erscheint angesichts der genannten Zahl von 29 Mio ha kaum erfüllbar. Die Regierung führte eine Einteilung in Zonen ähnlich der des Zuckerrohrs durch. Anbauflächen für Palmöl dürfen demnach u.a. nicht nach 2008 abgeholzt worden sein. Dass diese Rechnung aufgeht, bezweifelte William Laurance vom Smithsonian Tropical Research Institute in Panama bereits vor einem Jahr: "Am lukrativsten ist es, Wald für die Ölpalmen zu roden“.
Denn die beste Finanzierungsmöglichkeit für die Palmölplantagen bieten die Profite aus dem Holzverkauf. Daggen wird eine Kreditlenkung ähnlich wie beim Zuckerrohr wenig ausrichten können. Gerade im trockenen Nordosten ist zudem davon auszugehen, dass die Palmölproduktion Bewässerungslandwirtschaft erfordern wird. "Palmöl-Plantagen sind ökologische Wüsten, in
denen nur wenige Tiere überleben", so William Laurance.
An dem Programm sollen zunächst 9.000 Familienlandwirtschaften, sowie 300 mittlere und große ProduzentInnen aus 44 Gemeinden teilnehmen. Für KleinbäuerInnen soll das Programm über PRONAF (Programa Nacional de Fortalecimento da Agricultura Familiar, Nationales Programm zur Stärkung der Familienlandwirtschaft) spezielle Kreditlinien sowie landwirtschaftliche Beratung zur Verfügung stellen.
Letztlich sieht es so aus, als wiederhole das Programm Schwachpunkte, die dem Biodieselprogramm schon länger vonseiten verschiedener KleinbäuerInnenorganisationen vorgeworfen werden: Auch beim Palmölprogramm beschränkt sich ihre Aufgabe auf die Zulieferung von Rohstoffen an eine weiter verarbeitende Industrie. Das Programm schreibt damit asymmetrische Strukturen fort. Auch die Größenordnung des Vorhabens deutet auf eine baldige Dominanz des Agrobusiness an, so wie sie sich beim Biodieselprogramm bereits sinnfällig wurde.
Greenpeace Brasil äußerte Zweifel an der tatsächlichen Orientierung des Programms an den Bedürfnissen der KleinbäuerInnen und bezeichnete den Bergbaukonzern Vale als den wahren Adressaten des Programms. Es ist sicher kein Zufall, dass das Projekt explizit die Versorgung Nordbrasiliens vorantreiben soll, hat doch der Konzern Vale vor etwa einem Jahr angekündigt, seine Eisenbahn zum Abtransport der Produkte aus dem Minengeschäft zukünftig mit Agrokraftstoffen aus der Region betreiben zu wollen.