100 Mitglieder MST-Jugend besetzten zwischenzeitlich die Bayer-Niederlassung in Jacareí im Bundesstaat São Paulo

Rund 100 Personen der Jugendorganisation der brasilianischen Landlosenbewegung MST haben am Freitag Vormittag zwischenzeitlich den Sitz des deutschen Pestizidriesen Bayer in der Kleinstadt Jacareí im Bundesstaat São Paulo besetzt.
| von Christian.russau@fdcl.org
100 Mitglieder MST-Jugend besetzten zwischenzeitlich die Bayer-Niederlassung in Jacareí im Bundesstaat São Paulo
"Bayer ist Gift!" Foto: MST-Jugend

Die laut Aktivist:inneninformationen rund 100 jungen Leute besetzten die Niederlassung des deutschen DAX-Konzerne in der Kleinstadt Jacareí im Bundesstaat São Paulo, um gegen einen der weltweit größten Produzenten von Agrargiften zu protestieren. Laut den über die sozialen Medien und dann auch auf der Webseite des MST verbreiteten Aussagen wandten sich die Jugendlichen mit dieser Aktion dagegen, dass Bayer Stoffe nach Brasilien exportiert, die in einem großen Teil der Welt verboten sind. "Während die Gewinne von Bayer steigen, stirbt in Brasilien alle zwei Tage ein Mensch an einer agrotoxischen Vergiftung, und etwa 20 Prozent dieser Todesfälle sind Kinder und Jugendliche im Alter von 0 bis 19 Jahren. Parallel dazu hat die Regierung Bolsonaro im letzten Zeitraum 1.682 Pestizide freigegeben", so die in den sozialen Medien verbreiteten Aussagen der Jugendlichen. Laut dem Universitätsprofessor Marcos Pedlowski sprachen sich die Jugendlichen auch gegen die im brasilianischen Bundessenat anhängige Entscheidung zum sogenannten "Gesetzespaket des Giftes" aus. Diese Gesetzesvorlage PL 6299/2002 würde den Verkauf und Gebrauch hochtoxischer Agrargifte vereinfachen und, so die Kritik, Mensch und Natur noch mehr gefährden (siehe hierzu auch ausführlich KoBra: "Brasilien – „Paradies der Agrargifte“).

Die Jugendlichen der Landlosenbewegung MST prangerten bei ihrem Protest auch den Hunger in Brasilien an und kritisierten den vermehrten Pestizideinsatz als falsche Lösung: "Im Jahr 2022 werden mehr als 33 Millionen Brasilianer Hunger leiden. In diesem Paradies des Giftes und des Hungers, 7,3 Liter Gift [rechnerisch je Jahr je Peron]. Aber es gibt keine Lebensmittel für hungrige Familien?", hier es in den über die sozialen Medien geteilten Protestmitteilungen der MST-Jugendlichen.

Bayer zählt - neben u.a. BASF - zu den größten Verkäufern von Agrotóxicos in Brasilien. Dabei verkaufen die beiden Firmen aus Deutschland in Brasilien auch Wirkstoffe, die auf EU-Ebene laut EU-Pesticides-Database nicht zugelassen sind. Aktuell liegt die Zahl der von BAYER in Brasilien vertriebenen, aber auf EU-Ebene laut EU-Pesticides-Database nicht zugelassenen Wirkstoffe bei 12 (2019), bei BASF bei 13 (2019) Wirkstoffen. Ein breites Netzwerk von bundesdeutschen Nichtregierungsorganisationen arbeitet deshalb seit Jahren dahin, die deutsche Bundesregierung dazu zu bewegen, ähnlich wie in Frankreich ein Verbot von Pestizidexporten zu erwirken, die Wirkstoffe enthalten, die in der EU bereits verboten sind, eine Forderung, die in den jüngsten Koalitionsvertrag der deutschen Bundesregierung aufgenommen wurde und auf dessen Umsetzung die NGOs nun mit Nachdruck pochen.


// Christian Russau