Petiton zum deutsch-brasilianischen Atomabkommen: Künigen Sie das "Bombengeschäft"!

m Jahr 1975 schlossen die deutsche Bundesregierung und die Föderative Republik Brasilien (damals unter der Militärdiktatur) das deutsch-brasilianische Abkommen über die „Zusammenarbeit auf dem Gebiet der friedlichen Nutzung der Kernenergie“. Das Abkommen sieht den Bau von bis zu acht Atomkraftwerken in Brasilien unter deutscher Beteiligung vor; bis heute sind gerade einmal drei Reaktoren realisiert worden. Diese Reaktoren befinden sich allerdings in einem teilweise maroden Zustand und sind außerdem in einem erdrutsch- und erdbebengefährdeten Gebiet gelegen. Keine der beteiligten Vertragsparteien rechnet noch mit der vollumfänglichen Realisierung der Vereinbarung, dennoch halten beide daran fest.
| von tilia.goetze@kooperation-brasilien.org
Petiton zum deutsch-brasilianischen Atomabkommen: Künigen Sie das "Bombengeschäft"!

https://weact.campact.de/petitions/kundigen-sie-das-deutsch-brasilianische-atomabkommen-beenden-sie-das-bombengeschaft?source=rawlink&utm_medium=recommendation&utm_source=rawlink&share=49541e04-83b0-419b-9bfa-cd89760c9bdf



Der Grünen-Politiker Jürgen Trittin äußerte bereits vor zehn Jahren in einem Interview sein Unverständnis dafür, dass die deutsche Bundesregierung nach Fukushima (2011) zwar das Ende der Kernenergie im eigenen Land propagierte, an den bilateralen Atomabkommen mit anderen Ländern jedoch weiterhin festhält. Den „Ausstieg aus der Atomenergie - national wie international,“ bezeichnete er als „Lackmus-Test für eine glaubwürdige, kohärente Politik.“ Dafür sprechen auch die zahlreichen Versuche seit mehr als dreißig Jahren, dem Abkommen zwischen Brasilien und Deutschland ein Ende zu bereiten.

Wir fordern die deutsche Bundesregierung dazu auf, sich diesem „Lackmus-Test für eine glaubwürdige, kohärente Politik“ endlich zu stellen und das deutsch-brasilianische Atomabkommen turnusmäßig bis zum 18. November 2024 mittels einer diplomatischen Note aufzukündigen. Beenden Sie das „Bombengeschäft“ mit der brasilianischen Regierung, damit es zum 18. November 2025 zu seinem 50. Jubiläum endlich auslaufen kann!

Warum ist das wichtig?

Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva zeigt offen sein Interesse an der Nukleartechnologie. Die brasilianische Zivilgesellschaft beobachtet dieses jedoch mit großer Skepsis. Denn auch wenn Lula wiederholt die friedlichen Absichten seiner Bemühungen erklärte, ist das Atomprogramm Brasiliens dem öffentlichen Wissen nach „stets mit einem parallelen Militärprogramm verknüpft“ gewesen.  Das Abkommen mit der deutschen Bundesregierung legte die entscheidende Basis dafür. RepräsentantInnen der brasilianischen Anti-Atomkraft-Kampagne (Articulação Antinuclear Brasileira) erklärten im persönlichen Gespräch mit uns, dass sich ihre derzeitige Sorge bezüglich der Vereinbarung mit Deutschland vor allem auf die Frage der Reaktorsicherheit richtet. Im Abkommen ist der Umgang mit Sicherheitslücken oder auch die Verantwortung für mögliche Katastrophen nämlich in keiner Weise geregelt. Gleichzeitig häufen sich in Brasilien Extremwetterereignisse, die die Stabilität "kritischer Infrastrukturen" immer unberechenbarer erscheinen lassen.
Dass die deutsche Bundesregierung die Atomvereinbarung mit Brasilien aufrechterhält, nährt aus unserer Perspektive eine Doppelmoral – und zwar in zweifacher Hinsicht: Zum einen bindet das deutsch-brasilianische Abkommen die Bundesregierung an eine Technologie, die sie für ihr eigenes Territorium bereits für obsolet erklärt hat; zum anderen reproduziert die Vereinbarung koloniale Machtungleichgewichte, da jener Export gefährlicher Infrastrukturen nicht auch klare Verantwortungsstrukturen oder Verpflichtungen beinhaltet.


Quellen / Links:
Deutsch-brasilianisches Abkommen:
https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/text.xav?SID=&tf=xaver.component.Text_0&tocf=&qmf=&hlf=xaver.component.Hitlist_0&bk=bgbl&start=%2F%2F*%5B%40node_id%3D%271018111%27%5D&skin=pdf&tlevel=-2&nohist=1&sinst=BF7D6DAA
 

Offener Brief der brasilianischen Zivilgesellschaft gegen Ausbau der Atomenergie im Land: https://www.global.org.br/blog/carta/