PPCerrado - Brasilianischer Plan zum Schutz des Cerrado

<br />Mitte September hat die brasilianische Regierung einen Plan aufgelegt, um Entwaldung, Waldbrände und den Verlust natürlicher Ressourcen in den Savannengebieten des Cerrado zu bekämpfen.  Mit staatlichen Geldern (340 Mio. Reais oder 145 Mio €) soll der Plan umgesetzt werden und gleichzeitig bei der Umsetzung der brasilianischen Klimaziele helfen. 40% der Treibhausgasemissionen durch Degradierung (Übernutzung und Abholzung) von Wald sollen eingespart werden. Über die Hälfte des Geldes ist für die Förderung von nachhaltigen Produktionsmethoden vorgesehen. Es geht also immer noch um Produktion und Ausbeutung, weniger um Schutzabsichten.<br /><br />
| von admin


Der WWF Brasilien begrüßt insgesamt die erhöhte Aufmerksamkeit von staatlicher Seite für den Cerrado, der immerhin ein Viertel der brasilianischen Fläche ausmacht. Die Organisation will jedoch die Pläne der Regierung genau unter die Lupe nehmen. Ob es gelingt, den Cerrado vor der abwandernden und ausweichenden Landnahme aus dem Amazonasraum zu schützen, bleibt ungewiss.

Laut einer Anfang September vorgestellten Studie des brasilianischen Statistikamtes IBGE wurde der brasilianische Savannenwald des Cerrado bislang bereits zur Hälfte gerodet. Von den ursprünglichen 2.038.953 Quadratkilometern wurden 1.052.708 Quadratkilometer zerstört. Die Studie weist daraufhin, dass der Cerrado "in kurzer Zeit" ausgelöscht werden wird, wenn nicht sofort drastische Gegenmaßnahmen getroffen werden. Der Cerrado gilt als die artenreichste Savanne der Erde. Brasilien besitzt neben dem Cerrado die natürlichen Großräume Amazonien, Pantanal, Atlantischer Regenwald, Caatinga und Pampa im Süden des Landes.

Die unterschiedlichen geplanten Aktionen richten sich an Gegenden mit einer hohen Entwaldungsrate und gleichzeitig großer Artenvielfalt und wichtigen Frischwasservorkommen. Nach Schätzungen beheimatet der Cerrado 5% des brasilianischen Artenreichtums und stellt 7 von 10 Litern Frischwasser bereit. Die Flüsse Araguaia, Tocantins, São Francisco, Paraná und Rio Paraguay fließen alle durch Savannengebiet. Im Cerrado ging in den vergangenen Jahren doppelt so viel Fläche an landwirtschaftliche Nutzung (Agrotreibstoffe, Futtermittel aus Soja und Weideland für Rinderzucht) verloren wie in den tropischen Waldgebieten des brasilianischen Amazoniens. Die Fokusierung auf den Regenwald hat dem Cerrado eher noch geschadet, da etliche Agrarnutzung hierhin ausgewichen ist.

Über 25.000 km2 neue Nationalpark- und andere Schutzfläche soll  nach dem neuen Regierungsplan ausgewiesen werden. 5,8 Millionen Hektar Indigenen-Schutzgebiet soll ratifiziert und demarkiert werden. Bislang stehen erst 8,24 % des Cerrado, zuzüglich 4,39% Indigenengebiete unter Schutz. Die bislang geschützte Fläche umfasst  ca. 250.000 km2, und damit eine Flächengröße, die größer als Großbritannien ist. Auf der UN-Artenschutzkonferenz hat Brasilien sich verpflichtet, 10% des Cerrado bis Jahresende unter Schutz zu stellen.  Der Artenschutz erfordert im Cerrado dringenden Handlungsbedarf, da hier vorkommende Arten doppelt so gefährdet vom Aussterben sind wie im restlichen Amazonien, da die Cerrado Habitate jährlich über 3% schrumpfen. Mit dem PPCerrado soll der gesamte Cerrado mit dem Ökologie-Ökonomie-Zonierungsverfahren einen Flächennutzungsplan erhalten.  

Wenn man allerdings die Waldbrandbilanz der Trockenmonate Mai - September dieses Jahres berücksichtigt, stellt sich die Frage, ob die Ausweisung von Schutzgebieten die Probleme lösen kann. Feuer macht auch vor einer Schutzgebietsgrenze nicht Halt, wenn es in der landwirtschaftlich genutzten Umgebung des Schutzgebiets entsteht. Dieses Jahr breiteten die Feuer sich auch heftig in Naturschutzgebieten aus : Der Nationalpark Chapada dos Veadeiros (Goías), der Nationalpark von Brasília und der Emas-Nationalpark (Goías) waren stark betroffen. Als Ursache werden die Ausweitung von Sojafeldern und Rinderweiden in Kombination mit erhöhter Trockenheit angeführt und auch die Präsidentenwahl, während der die Kontrollen zurückgefahren wurden. Das falsche oder fehlende Feuermanagement in geschützten Naturparks stellt ein weiteres Problem dar. Die brasilianischen Umweltschutzbehörden wollen nichts von kontrollierten Buschfeuern wissen, wie sie die traditionellen Völker des Cerrado schon immer praktizieren. Diese Brände zur richtigen Zeit sind für manche Pflanzen- und Tierarten überlebensnotwendig und schützen gleichzeitig das Ökosystem vor Brandkatastrophen.

Acht Millionen Hektar degradierter Weiden sollen mit der neuen staatlichen landwirtschaftlichen Kreditgabe in Agroforstsysteme überführt werden, die Rohstoffe für die Stahlindustrie (Programa Arco Verde) liefern sollen. Es geht also um schnell wachsende Baumarten in Plantagenform, die man kurzumtriebig nutzen will. Die Holzkohleproduktion soll mit 3,2 Millionen Hektar neuen Plantagen ausgeweitet werden. Der neue Plan bedient also wieder das Ziel, billige „nachwachsende“ Energie zu liefern und das Ganze mit Klimazielen positiv zu verknüpfen. Mit ökologischen Gesichtspunkten hat das nichts zu tun, auch wenn es öffentlich so verkauft wird.