Tropenwaldfrage
Nie zuvor seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1988 hatte es in dieser Jahreszeit eine derartige Zerstörungsrate gegeben. Im gesamten Zeitraum 2006/2007 lag die Entwaldung bei gut 11.000 km² eher niedriger als in den Vorjahren. Umweltschützer hatten jedoch schon länger darauf hingewiesen, dass die gesunkenen Entwaldungszahlen vor allem eine Folge des niedrigen Sojapreises waren. Dies bestätigte sich nun nach erneutem Anstieg der Sojapreise. Knapp 54 % der neuen Entwaldung entfielen auf Mato Grosso, gefolgt von Pará mit etwa 18 % und Rondônia mit 16 %.
Am 13. Mai hatte die Umweltministerin Marina Silva überraschend ihren Rücktritt bekannt gegeben. Mit ihr gingen ihr Stellvertreter João Paulo Cabobianco, der Präsident der Umweltbehörde IBAMA Basileu Aparecido sowie, zwei Monate später, der Amazonien- und Entwaldungsbeauftragte im Umweltministerium André Lima. Letztendlich hat die gesamte Führungsriege im Kampf gegen die Entwaldung Amazoniens die Konsequenzen gezogen und will fortan nicht mehr die Amazonienpolitik Lulas mittragen.
Eine genauere Einschätzung der Politik des Nachfolgers von Marina Silva, Carlos Minc, zum Thema Entwaldung Amazoniens kann zum derzeitigen Zeitpunkt noch nicht getroffen werden. Die Rahmenbedingungen für die Erschließung Amazoniens aber lassen trotz guten Willens auf Seiten des neuen Umweltministers eher eine großflächige Zerstörung des Naturraums als den tatsächlichen Schutz des Waldes befürchten.
Illegaler Holzhandel
Dem brasilianischen Umweltministerium kann man unter Lula eine wesentlich konsequentere Bekämpfung des illegalen Holzhandels in Brasilien zuschreiben als je zuvor. Das Ministerium führte bis November 2007 20 Großrazzien durch, bei denen knapp 600 Personen verhaftet wurden – einschließlich 115 Angestellten der Umweltbehörde IBAMA – und eine Million Kubikmeter Holz beschlagnahmt wurden.
Seit März 2007 ist das neue Forstgesetz in Kraft. Damit will die Regierung den Holzabbau durch Versteigerung von Holzrechten und elektronische Überwachung der Einschlagslizenzen tief im amazonischen Regenwald im großen Stile vorantreiben. Im Schlepptau legaler Holzwirtschaft kommt es aber auch zu illegalen Abholzungen. Eine Methode der Holzmafia ist die Gründung von Scheinsiedlungen im Wald – z.T. in Zusammenarbeit mit korrupten Mitarbeitern der Landreformbehörde INCRA. Hier roden die illegalen Holzfäller dann die wertvollen Hölzer und ziehen weiter.
Klimawandel
Anzeichen für den Klimawandel kann man in Amazonien schon jetzt beobachten. Die Trockenzeit wird seit Jahren immer länger und intensiver. Gerade angesichts der jüngsten Klimaberichte bleibt zu befürchten, dass die größte Gefahr für den Amazonas-Regenwald nicht von der aktiven Abholzung ausgeht, sondern von einem globalen und regionalen Klimawandel, der den Regenwald großflächig austrocknen und absterben lässt, und das unter Umständen schon innerhalb der nächsten Jahre.
Brasilien hat bislang keine Klimaschutzziele, dabei ist es viertgrößter Emittent von Treibhausgasen, v.a. durch Brandrodung. Die Klimaprognosen für Amazonien finden bislang keine Berücksichtigung in der brasilianischen Politik. Lula wird nicht müde, seine Expansionspolitik in Sachen Agrosprit als Brasiliens Beitrag zum Klimaschutz zu verkaufen – möglicher Weise eine arge Täuschung.