Dom Luiz Cappio: Mutiger Einsatz gegen ein menschenverachtendes System
Auch als Dom Luiz Cappio am Tag darauf den Kant-Weltbürgerpreis durch die Freiburger Kant-Stiftung verliehen bekam, waren die Mitglieder der Kooperation Brasilien dabei. Der diesjährige Preis ging an Dom Cappio und Jeff Halper, der sich für die Rechte der Palästinenser in den von Israel besetzten Gebieten einsetzt. In der gefüllten Aula der Freiburger Universität konnten die Teilnehmer viel über den Einsatz der beiden Preisträger erfahren. Enttäuscht allerdings waren die Mitglieder der Kooperation Brasilien von der Lobrede, die der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Gernot Erler (SPD), auf Dom Luiz Cappio hielt: Lula wolle durch das Ableitungsprojekt die Bevölkerung in den nördlichen Bundesstaaten des trockenen brasilianischen Nordostens mit Wasser versorgen, so Erler. Dom Cappio hingegen fürchte darum, dass den bisherigen Flussanrainern so das Wasser abgegraben werde, stellte er dagegen. Damit reduzierte der Staatminister den Widerstand gegen das umstrittene Großprojekt auf einen Konflikt zwischen armen Menschen verschiedener Regionen. Nicht von ungefähr also fragten Teilnehmer der Preisverleihung auf Basis der Laudatio ratlos die Kooperation Brasilien, warum Dom Cappio denn nun wohl den Preis erhalten
habe.
Tatsächlich geht es bei dem Widerstand gegen das Projekt eben nicht um einen Wasser-Verteilungskonflikt zwischen Arm und Arm. Denn das Ableitungsprojekt soll in erster Linie die exportorientierte Bewässerungslandwirtschaft mit Wasser aus dem Fluss versorgen, während den Menschen in unmittelbarer Nähe zum Fluss weiterhin der Zugang zu Trinkwasser verwehrt bleiben wird. Die sozialen Bewegungen wehren sich sowohl in den Flussgebieten als auch in den Empfängerregionen gegen das Vorhaben. Sie können nachweisen, dass es für die Wasserversorgung der Bevölkerung wesentlich effektivere und kostengünstigere Alternativen gibt als die Flussableitung. Doch diese Informationen ließ die Laudatio des Staatsministers vermissen.
Stattdessen verwies er stolz auf das Abkommen zur deutsch-brasilianischen Zusammenarbeit im Bereich erneuerbare Energien von Mai 2008 zwischen dem brasilianischen Präsidenten Lula und Bundeskanzlerin Angela Merkel, und suggerierte damit eine grundsätzliche Gleichheit der Interessen von Lula und Dom Cappio. Dabei kritisiert der Preisträger mit seinem Widerstand genau jenes Entwicklungsmodell, das der brasilianische Präsident propagiert. Dieses Projekt ist die Ausgeburt eines Systems, welches versucht, sich die Situation der Armen und die Klimaveränderung zunutze zu machen, um genauso ungerecht und unökologisch weiter zu machen wie bisher, so konnte er in
seiner Dankesrede klarstellen, Mittels einer gut durchdachten und
intensiven Propaganda beruft es sich darauf, 12 Millionen durstenden Menschen Wasser zu bringen, während es in Wirklichkeit die sichere Wasserversorgung für riesige Obstexportunternehmen und die Produktion von Agrotreibstoffen, Krabben und Stahl gewährleisten soll. Eine Flussableitung, um u.a. Treibstoff für unsere Autos unter hohem Wasserverbrauch und zu menschenverachtenden Arbeitsbedingungen herzustellen
ein klares Ergebnis nicht nur der Politik von Lula, sondern auch der von Erler in seiner Laudatio beschworenen Politik in Deutschland und der EU.
Dom Cappio befindet sich heute, am 12. Mai 2009, auf dem Weg nach Berlin. Während ihrer Reise will die brasilianische Delegation die Agrotreibstoffe gegenüber den Entscheidungsträgern in Deutschland und der EU in Frage stellen. Bis zum 21. Mai hat die Delegation in Deutschland und Österreich einen dichten Terminplan. Das weitere Reiseprogramm umfasst auch verschiedene Seminartage bei Frankfurt, in Berlin, Münster und Graz. Weitere Informationen zum Hintergrund und zur Rundreise sowie die genauen Termine finden sich auf www.saofrancisco-2009.net und www.kooperation-brasilien.org .