Protest für Umsetzung des Umsiedlungsanspruchs für Piquiá de Baixo wegen Luftverseuchung durch Stahlwerke
Am heutigen Mittwoch haben sich im brasilianischen Bundesstaat Maranhão die Bewohner*innen der kleinen Gemeinde Piquiá de Baixo, die in der Nähe der Stadt Açailândia, einer Stadt im Bundesstaat Maranhão mit ungefähr 100.000 EinwohnerInnen, liegt, auf den Weg in die rund 600 Kilometer entfernte Landeshauptstadt São Luís gemacht, um dort vor der Landeszentrale der Bank Caixa Econômica für die überfällige Umsetzung des Umsiedlungsanspruchs der 1.100-Seelen-Gemeinde zu protestieren.
Eigentlich war Ende 2015 mit der formellen Unterschrift unter den entsprechenden Erlass durch die damalige Präsidentin Dilma Rousseff alles in die Wege geleitet worden, um mit Bundes-, Landes- und mit Firmenmitteln Abhilfe gegen die Verseuchung der Einwohner*innen von Piquiá de Baixo zu schaffen und die 1.100 Einwohner*innen in eine neues Piquiá de Baixo, einige Kilometer entfernt, in neu zu bauende Häuser umzusiedeln, deren Bau, Anordnung und Gestaltung in kooperativer Zusammenarbeit zwischen den Architekt*innen und den Bewohner*innen erarbeitet worden waren. Eigentlich war ab Ende 2015 die Stimmung in Piquiá de Baixo euphorisch, da es den vorläufigen Endpunkt eines jahrzehntelangen Kampfes bedeuten sollte, der Demos, der Proteste und der die von den Einwohner*innen aus Frust und berechtigter Wut organisierten Straßenblockaden, der die jahrelange juristische Auseinandersetzung mit den Firmen und Behörden, die von den engagierten Rechtsanwält*innen der kleinen Nichtregierungsorganisation Justiça nos Trilhos angestrengt und erfolgreich durchfochten wurde, um den unter dem Stahlwerkstaub leidenden Anwohner*innen endlich ein Leben in gesünderer Umgebung zu ermöglichen, der all dies nicht länger nötig werden ließe.
Aber es hakt, wie so oft. Besonders ärgerlich, dass es nun so kurz vor Schluss so mächtig zu haken begann, und dies schon seit über einem Jahr, eigentlich fehlen nur noch einige wenige Unterschriften von Bankmanagern der Caixa Econômica, um den politisch und gerichtlich schon lange entschiedenen Beschluss zur Umsiedlung der Bewohner*innen von Piquiá de Baixo in die Tat umzusetzen. Aber es hakt bei der Bank, die eher dünn wirkenden Erklärungen der Bank, es würden noch einige rechtliche Sachen geklärt werden müssen, überzeugen die Anwohner*innen jedenfalls nicht. Vor knapp zwei Jahren hatte der zuständige Minister des Ministeriums für Wohnungs- und Städtebau dem Projekt zugestimmt, aber erklärt, es gebe ja strenggenommen keine Förderlinie des Bundes für Umsiedlungen (was in Piquiá de Baixo aber wegen der starken Luftverschmutzung der Fall ist), daher sollten die Bewohner*innen doch bei der zuständigen Bank für das soziale Wohnungsbauprogramm Minha Casa, Minha Vida den entsprechenden (politisch und gerichtlich bereits bewilligten) Antrag einreichen und ihn an die Normen des Sozialwohnungsbauprogramms anpassen. Doch bei der Bank Caixa argumentiert man nun, es handle sich ja um keine Neuansiedlung, wie im Programm Minha Casa, Minha Vida vorgesehen, sondern um eine Umsiedlung, und die Normen und Regularien der Caixa würden eine solche erstmal nicht ermöglichen. Deshalb zieht sich also die letztgültige noch fehlende Unterschrift der verantwortlichen Bankmanager noch hin.
So protestieren die Bewohner*innen von Piquiá de Baixo noch heute. Sie protestieren heute zu Dutzenden in São Luís, um ihrem Rechtsanspruch mit Nachdruck Geltung zu verschaffen.
Die Einwohner*innen von Piquiá de Baixo leiden seit 30 Jahren unter der starken Luftverschmutzung, hervorgerufen von drei Eisenwerken, einem gasbetriebenen Kraftwerk, einer Zementfabrik sowie einem neu gebauten Stahlwerk. Befeuert werden die Kokereien und Hochöfen mit Holzkohle, die in der Region aus den endlos bis zum Horizont sich erstreckenden Eukalyptus-Plantagen stammen. Die Luftwerte in der Wohngegend, die sich dort schon befand, bevor die Bundes- und Landesregierung Anfang der 1980er Jahre entschied, dort Stahlwerke hinzusetzen, um der Region die vielversprochene wirtschaftliche Entwicklung zu bringen, zählen zu den schlechtesten in ganz Brasilien. Filter, an den Hüttenwerken, die Abhilfe verschaffen könnten? Fehlanzeige. Zu teuer, sagten die Firmenbosse. Die Stahlwerke schließen? Zu viele Arbeitsplätze, sagte die Regierung. Also die Anwohner*innen umsiedeln!, sagte die Anwohner*innen - und kämpften viele Jahre dafür. Nun stehen sie kurz vor ihrem größten Sieg, aber es hakt noch immer bei der Bank, die eine öffentliche Bank in Staatsbesitz ist. Die Anwohner*innen von Piquiá de Baixo protestieren heute lautstark - und hoffen, dass sie gehört werden.