Plenum 3

Medien als Instrumente sozialer Bewegungen. Öffentlichkeit und Gegenöffentlichkeit – Bedeutung der alternativen Medienlandschaft

Input: Leonardo Sakamoto (Réporter Brasil), Frei Luciano Bruxel (OFM) und Itamar Silva (IBASE)
Moderation: Almute Heider (Misereor) | Alexander Riesen (Misereor) & Regina Reinart (Misereor)

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Leonardo Sakamoto (Réporter Brasil), Frei Luciano Bruxel (OFM) und Itamar Silva (IBASE) | Moderation: Almute Heider (Misereor)

 

Wie alternativ sind die „alternativen“ Medien? Tragen diese Medien zur politischen Bewusstseinsbildung bei? Wenn ja, wie? Braucht Brasilien einen alternativen Fernsehsender, der genau so groß und mächtig ist wie Globo?

Diese Fragen wurden von Almute Heider (Misereor) an das Abschlussplenum des RTB 2013 gestellt und führten zu einer spannenden Debatte über Sprache, Ästhetik und alternative Medien.

Frei Luciano Bruxel, OFM, spricht sowohl über Partizipation als auch über soziale Exklusion der brasilianischen Jugend. Die Situation der Armut ist oft versteckt und die Kontraste sind stark. Alternative Medien und soziale Netzwerke spielen eine sehr wichtige Rolle, jedoch mehr für private Nutzung und weniger als politische Meinungsbildung (z.B. eher Austausch von Fotos statt politischem Engagement etc.). Frei Luciano umreißt den Alltag der Gewalt: Drogenhandel, Gesetzeskonflikte sowie eine erschreckend hohe Rate von Gewaltopfern im jugendlichen Alter. Da die Favelas nur einen eingeschränkten Raum für Freizeitgestaltung bieten, sind digitale Medien oft eine alternative Beschäftigung für Jugendliche. Durch Kunst- und Musik-Projekte sollen andere Lebensperspektiven für diese Jugend aufgezeigt werden.

Frei Luciano Bruxel

Leonardo Sakamoto stellt dar, wie auch in der virtuellen Welt sich die Klassenbildung der Gesellschaft widerspiegelt. Jugendliche suchen anhand von Twitter und Facebook ihre eigene Identität. Diese Medien sind reine Plattformen und keine vermittelnden Instrumente. Kriminalität, laut Sakamoto, ist weniger die Wahl zur Kriminalität an sich als vielmehr entspringt sie einem Bedürfnis nach sozialer Anerkennung und Identität. Diese Plattformen bedienen sich der Information und Ästhetik als politische Bildungsinstrumente.

Itamar Silva berichtet von Jugendlichen, die in sozialen Projekten engagiert sind und die Medien als kulturelle Austauschplattformen und für politische Aktionen nutzen. Durch seine eigene Erfahrung in der Favela Santa Marta (Rio de Janeiro) kommt er zu einer sehr positiven Einschätzung hinsichtlich der alternativen Medien wie z.B. Stadtteilzeitung und Bürgerradios. Denn nur ca. 10% der Bevölkerung in Favelas haben Zugang zu digitaler Kommunikation. Somit sind diese alternativen Medien auf lokaler Ebene sehr wichtig.

Fabian Kern vom Radio Dreyeckland erklärt, dass die Zugriffszahlen des Internetradios erfassbar sind, während die Zuhörer_innen der Radios allgemein nicht statistisch messbar sind. In der freien Radioszene und im Freien Radionetz in Deutschland können im Netzwerk die Kapazitäten besser genutzt werden, z.B. durch Pools von Beiträgen, die von mehreren Sendern ausgestrahlt werden.

Schlussworte von den drei Referenten bilden das Ende dieses Plenums.

Im und mit dem interessierten und diversen Publikum konnten die oben gestellten Fragen nicht endgültig geklärt werden. Selbst die grundsätzliche Frage, was alternative Medien sind, wurde kontrovers eingeschätzt. Auch die Auseinandersetzung mit einem alternativen Fernsehsender in Brasilien wird uns weiterhin begleiten. Alternative und attraktive Plattformen, die über den reinen Austausch von z.B. Fotos hinausgehen, müssen durch Plattformen, die auch zur politischen Bildung beitragen, ergänzt werden. Laut Itamar Silva bleibt das eigentliche Ziel für Brasilien bestehen: eine gerechte Welt zu gestalten