Deutsche Bank und Commerzbank verwickelt in Geschäftsbeziehungen mit Bergbauunternehmen, die in Amazonien die Exploration indigener Territorien vorantreiben wollen

Laut dem 2022er Bericht "Complicity in Destruction IV: HOW MINING COMPANIES AND INTERNATIONAL INVESTORS DRIVE INDIGENOUS RIGHTS VIOLATIONS AND THREATEN THE FUTURE OF THE AMAZON" des Indigenen Dachverbandes APIB und AmazonWatch fanden sich unter den untersuchten internationalen Finanzinstitutionen, die Anteile, Anleihen halten und/oder Kredite an die hauptverantwortlich den Bergbau in Amazonien vorantreibenden Unternehmen vergeben haben, auch zwei deutsche Finanzinstitute: die Deutsche Bank und die Commerzbank.
| von Christian.russau@fdcl.org
Deutsche Bank und Commerzbank verwickelt in Geschäftsbeziehungen mit Bergbauunternehmen, die in Amazonien die Exploration indigener Territorien vorantreiben wollen
"Vale-Gebiet: Verboten: Zugang, Jagd, Fischen und Schwimmen". Foto: christian russau

Aktuell brisant ist die in Kürze anstehende Entscheidung zur Gesetzesinitiative PL191 in Brasilien, die den Bergbau, ebenso wie den Staudammbau in indigenen Territorien ermöglichen würde (KoBra berichtete u.a. hier und hier).

Doch wer sind eigentlich die dahinter stehenden Konzerne? Und gibt es eventuell auch Beziehungen nach Deutschland? Hatten nicht ThyssenKrupp und Siemens 2019 als Antwort auf den Protest im Rahmen eines Offenen Briefes von zwei Dutzend bundesdeutschen NGOs erklärt, sich nicht an "künftigem Bergbau in indigenen Territorien Brasiliens" zu beteiligen? Nun, ThyssenKrupp und Siemens werden wir beim Worte nehmen, aber wie steht es eigentlich mit den Finanzinstitutionen? Laut dem 2022er Bericht "Complicity in Destruction IV: HOW MINING COMPANIES AND INTERNATIONAL INVESTORS DRIVE INDIGENOUS RIGHTS VIOLATIONS AND THREATEN THE FUTURE OF THE AMAZON" des Indigenen Dachverbandes APIB und AmazonWatch fanden sich unter den untersuchten internationalen Finanzinstitutionen, die Anteile, Anleihen und/oder Kredite an den hauptverantwortlich den Bergbau in Amazonien vorantreibenden Unternehmen auch zwei deutsche Finanzinstitute: die Deutsche Bank und die Commerzbank.

APIB und Amazon Watch legen mit dieser Untersuchung die Scheinheiligkeit der selbst so gerne wohlfeile Menschenrechts- und Nachhaltigkeitsdiskurse propagierenden Konzerne offen. APIB und AmazonWatch kritisieren das Vordringen großer Bergbauunternehmen in indigene Territorium Brasiliens und haben seit dem Jahr 2019 mehrere Berichte, jeweils als Reihe unter dem Titel "Complicity in Destruction", vorgelegt. Brasilien erlebt eine steigende Zahl von Anträgen auf Bergbau auf indigenem Land, die bei der brasilianischen Nationalen Bergbaubehörde ANM eingereicht werden. Der neue Bericht "Complicity in Destruction IV" deckt auf, inwieweit die bei der Bergbaubehörde ANM anstehenden Anträge auf Explorationslizenz indigenes Land betreffen. Der Bericht stellt fest, dass es zwar seit der Veröffentlichung von "Complicity in Destruction III" im Jahr 2020 - vielleicht als Reaktion auf den infolge der Veröffentlichung medialen Reaktion und des Eintretens kritischer Öffentlichkeit - zu einem Rückgang der Gesamtzahl von Anträgen auf Explorationslizenzen - um die Hälfte - gekommen sei. (Dabei sei der Hinweis erlaubt, dass es offensichtlich auch oft taktische Rückzugsmanöver sein können, um in politisch opportunen Momenten dann doch wieder die Bergbauagenda in indigenen Territorien vorantreiben zu können, wie die Vorgänge um das erst von Vale erklärte "Aus für Bergbau in indigenen Territorien" und den daraufhin erfolgten "Rückritt vom Rücktritt" zu erklären zeigen.

Der 2022er Bericht "Complicity in Destruction IV" zeigt jedenfalls auf, dass die Bedrohung der noch anstehenden Bergbauexplorationsanfragen transnationaler Konzerne enorm ist und dass die Gefahr, die sie darstellen, immer noch erheblich ist. Im November 2021 identifizierte der Bericht 2.478 aktive Bergbauanträge bei der Bergbauagentur ANM, die sich mit den Territorien von 261 indigenen Gebiete geographisch überschneiden. Diese Anträge wurden, so der Bericht, eingereicht im Namen von 570 Bergbauunternehmen, Bergbauverbänden und internationalen Konzernen und beträfen die Ausbeutung von 101.000 Quadratkilometer (10,1 Millionen ha) Land, ein Gebiet fast so groß wie England. Die Analyse von APIB und AmazonWatch bezog sich dabei auf den industriellen Bergbau, "definiert als groß angelegten Abbau von Mineralien, der hauptsächlich von großen Unternehmen betrieben wird, hinter denen bedeutende (hauptsächlich ausländische) Investitionen stehen. Der Amazonas und seine indigenen Territorien sind auch durch den "garimpo" bedroht: informelle Bergbaupraktiken, die wir als illegalen oder wilden Bergbau bezeichnen, der gekennzeichnet ist durch mittelgroße bis große Bergbauoperationen, bei denen mit schwerem Gerät und komplexer Logistik gearbeitet wird und die mit erheblichen Investitionen verbunden sind, die sich aber nur schwer zurückverfolgen lassen. Wir unterscheiden den Garimpo vom "handwerklichen" Goldbergbau, einer kleinen Subsistenztätigkeit. Sowohl der industrielle Bergbau als auch der wilde Bergbau, wenn sie in indigenes indigenes Land eindringen, sind in Brasilien illegal."

Und die Analyse der Geschäftsbeziehungen der Bergbaukonzerne mit internationalen Finanzinstitutionen, die der 2022er Bericht "Complicity in Destruction IV" offenlegt, zeigt auch die Verbindungen von zwei deutschen Finanzinstitutionen zu etlichen dieser Bergbaukonzerne, denen APIB und AmazonWatch vorwerfen, den (noch illegalen) Bergbau in indigenen Territorien vorantreiben zu wollen. Die Daten zum Zeitraum Januar 2016 bis Oktober 2021 zeigen, dass die Deutsche Bank und die Commerzbänke vin diesem Zeitraum von folgenden Bergbaukonzernen Anteile und/oder Anleihen von oder Kredite an diese Konzerne vergeben hatten:

Deutsche Bank: Anglo American 46 Millionen US-Dollar, AngloGold Ashanti 37 Millionen US-Dollar, Glencore 68 Millionen, Rio Tinto 73 Millionen US-Dollar und bei Vale 139 Millionen US-Dollar.

Commerzbank: Anglo American 629 Millionen US-Dollar, Glencore 41 Millionen und bei Rio Tinto 13 Millionen US-Dollar.

Da zeigt sich einmal mehr, wie diese Konzerne Greenwashing betreiben. Schauen wir uns das Beispiel Deutsche Bank an. Im Jahr 2020 befragte der Autor die Deutsche Bank auf deren virtueller Jahreshauptversammlung zu den Geschäftsbeziehungen der Deutschen Bank mit verschiedenen Unternehmen, die die Ausbeutung Amazoniens vorantrieben. Die Deutsche Bank erwiderte, die Bank bekenne sich "voll und ganz, unsere Verantwortung zur Einhaltung der Menschenrechte zu achten, wir arbeiten aber auch kontinuierlich daran, uns zu verbessern." Menschenrechtsregeln würden explizit in Investitionsentscheidungen integriert. Seit 2011 verfüge die Deutsche Bank über "umfassende Regeln, die die Zuständigkeiten und Verfahren zum Erkennen, Bewertung und Entscheidung in Bezug auf Umwelt- und soziale Risiken festlegen", diese gelte auch für industrielle Großprojekte. Zu Geschäftsbeziehungen (Anteile, Kredite, Bonds, Anleihen etc) zu Vale, zu AngloAmerican, zu BHP Billiton und anderen: "Unsere gesetzlichen Verpflichtungen erlauben uns nicht, zu Geschäftsbeziehungen Stellung im Einzelnen zu beziehen. Mit Erlaubnis unseres Kunden (Vale) hatten wir auf der Jahreshauptversammlung 2019 zu unseren Geschäftsbeziehung damals Auskunft gegeben." (damals Antwort auf Fragen Russau/dachverband der Kritischen Aktionär:innen 2019).

Zu ihren Geschäftsbeziehungen zum größten Fleischproduzenten der Welt, JBS, hatte die Deutsche Bank damals geantwortet: "Ja, wir sind uns der Risiken einer fortschreitenden Entwaldung sehr bewusst. Deshalb finanziert die Deutsche Bank keine Geschäfte, bei denen Primär-Wälder, Gebiete mit erhöhtem Schutzstatus oder Moorgebiete umgewandelt werden. Außerdem finanzieren wir keine Geschäfte, die nachweislich mit illegaler Abholzung oder dem unkontrollierten oder illegalen Einsatz von Feuer in Verbindung stehen. Wir haben Leitlinien für Unternehmen eingeführt, die eine nachhaltige landwirtschaftliche Produktion fördern sollen. Wir überprüfen regelmäßig, ob sich unsere Kunden an unsere Vorgaben halten. Wenn wir dabei auf Probleme stoßen, sprechen wir unsere Kunden darauf an."

// Christian Russau