Homophobie in Brasilien: Vormarsch der Koalition aus Kugel, Kuh und Kirche
Alle 27 Stunden stirbt ein Mensch in Brasilien aufgrund von Homo- oder Transphobie. Evangelikale Kirchen und reaktionäre Politiker*innen schüren Hass und provozieren Gewalt gegen LGBT.
„Unseren Schmerz zeigen“. So erklärte Viviany Beleboni ihre Kunstaktion, die landesweit Aufsehen erregte. Hunderttausende feierten am 7. Juni in der brasilianischen Metropole São Paulo die größte Gay-Pride-Parade der Welt. Während die Teilnehmer*innen bunt und ausgelassen über die Prachtstraße Avenida Paulista tanzten, ließ sich das transsexuelle Model auf einem Lautsprecherwagen symbolisch an ein Holzkreuz nageln. An diesem ein Schild mit der unmissverständlichen Forderung: „Schluss mit Homophobie“. Halbnackt, blutverschmiert, in den offenen Haaren eine Dornenkrone: wie einst Jesus harrte Beleboni über fünf Stunden am Kreuz aus.
Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten. Innerhalb weniger Stunden erhielt die Künstlerin hunderte Morddrohungen. Unbekannte veröffentlichten im Internet ein Foto mit der angeblichen Leiche Belebonis – eine Fälschung wie sich schnell herausstellte. Die Evangelikalen-Lobby im Kongress, die bancada evangélica, unterbrach mit Vater-Unser-Gebeten und „Es lebe Jesus Christus“-Rufen eine Abstimmung im brasilianischen Unterhaus und positionierte sich aus Protest gegen die Kunstaktion hinter einem Banner mit Fotos vom vermeintlichen Moralverfall der brasilianischen Gesellschaft. Der Abgeordnete und evangelikale Pastor Marco Feliciano, der in der Vergangenheit mehrfach wegen homophober und rassistischer Aussagen im Fokus stand, schimpfte in einer TV-Talkshow über die Respektlosigkeit des Models und nannte die Aktion ein „Verbrechen“. [weiterlesen bei Latin@rama...]