Wie Vale sich entschädigen lässt für Ausfälle, für die sie selbst juristisch haftbar ist
Oberster Justizgerichtshof entscheidet in Kürze über möglichen Ausschluss des Wasserkraftwerks Risoleta Neves, auch Candonga genannt, im Bundesstaat Minas Gerais, aus dem Energieumverteilungssystem MRE, dem alle Wasserkraftwerke Brasiliens zugehören und das dazu dienen soll, im Fall von verminderter Stromgeneration infolge von Dürre und Niedrigwasser dem notleidenden Kraftwerk einen virtuellen Anteil aller im Lande generierten Stromleistungen Dritter entsprechend seiner vorherigen prozentuellen Anteilsgröße zur Verfügung zu stellen. Das Kraftwerk Risoleta Neves hat aus diesem Kompensationsmechanismus in der Vergangenheit neuesten Daten der staatlichen Stromagentur Aneel zufolge 430 Millionen Reais erhalten. Der Grund: seit 2015 produziert Candonga keinen Strom. So argumentiert die Besitzerin, die Bergbaufirma Vale, da Candonga Teil des gemeinschaftlichen Kompensationsmechanismus ist, stehe ihr dieser Anteil zu.
Brisant ist aber: Candonga steht seit 2015 still, weil damals der Damm der Bergbaufirma Samarco gebrochen war und sich damals deutlich über eine Million Kubikmeter Erzschlamms im Reservoir vor der Staumauer von Risoleta Neves angesammelt hatte, so dass der Betrieb seit damals -zuerst aus Sicherheitsgründen, dann aus technischen Gründen, weil der Erzschlamm die Turbinen des Wasserkraftwerks bedroht und obendrein durch die Schlammsedimente die Wasserkraftleistung ohnehin geringer ausfalen würde - nicht mehr möglich war. Und verantwortlich für den Bruch war die Firma Samarco, eine 50%-Tochter der Bergbaufirma: Vale.
2017 dekretierte die Stromagentur Aneel die formale Schliessung Candongas und mithin den Ausschluss des Wasserkraftwerkes aus dem Kompensationsmechanismus MRE, wogegen die Staudammbesitzerin, Vale, aber Klage einreichte und erstmal die Zahlungen für den Ausfall, für den sie selbst als Miteigentümerin von Samarco juristisch haftbar wäre, weiter kassierte. Dagegen hat die Aneel Klage eingereicht und in den kommenden Tagen wird eine Entscheidung der Sonderkammer des Obersten Justizgerichtshof in der Sache erwartet.
Am 5. November 2015 war der Damm Fundão des Erzgrubentailings der Firma Samarco gebrochen und Schätzungen zufolge ergossen sich 62 Millionen Kubikmeter Klärschlamms ins Tal. Der Schlammtsunami zerstörte zunächst das Dorf Bento Rodrigues sowie die Dörfer Paracatu de Baixo und Barra Longa, bevor der Schlamm sich 680 Kilometer flussabwärts durch die Flüsse Rio Gualaxo do Norte, Rio Carmo und Rio Doce bis hin zur Mündung desselben in den Atlantischen Ozean bei Linhares und Regência im Bundesstaat Espírito Santo bewegte. 19 Menschen starben, tausende Fischerinnen und Fischer wurden arbeitslos und Berechnungen der Rückversicherungsgesellschaft Terra Brasis Resseguros zufolge wurden dadurch rund 3,5 Millionen Menschen in ihrer Trinkwasserversorgung beeinträchtigt. Viele der von dem Dammbruch Betroffenen wurden bis heute nicht entschädigt, die Umweltzerstörung am Rio Doce ist noch immer anhaltend und die Reparationsarbeiten und -leistungen, für die die von Samarco, Vale und BHP Billiton eingesetzte Stiftung Renova zuständig ist, werden von den Betroffenen noch immer als unzureichend, mißachtend, diskriminierend und als Greenwashing tituliert.
// christian russau