246/247 | Kein Recht weniger!

Kampfzone Menschenrechte
| von Brasilicum Redaktion
246/247 | Kein Recht weniger!
Cover Brasilicum 246/247

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Inhalt

# Ungewisse Gemengelagen
Thomas Fatheuer

# Rechtsprechung im Kontext des Putschs
Johny Fernandes Giffoni

# Gewerkschaften gegen die Arbeitsrechts “Reform“

Fritz Stahl

# Zwei Jahre nach dem Dammbruch in Mariana

Thomas Bauer

# Die wahren Akteure hinter der Entwaldung

Thomas Fatheuer

# Der steinige Weg zur Umsetzung der Agenda 2030

Jan Erler

# Der Kampf der Guarani und Kaiowá Brasiliens

Felipe Bley Folly und Angélica Castañeda Flores

# Die Rückkehr der Guarani an den Ort des Seins

Volker von Bremen

# Die Durchsetzbarkeit von Recht

Nele Kliemt

# Widerstand leisten und überleben
Analba Brazão Teixeira

# Das wichtigste Erbe der Menschheit

Dieter Gawora

# Ministerio publico = Staatsanwaltschaft?

Stefani Rackes da Silva

# Handlungsspielräume zum Schutz von Rechten
Júlia Esther Castro França und Juliana Miranda

# Lobbyarbeit für Menschenrechte
Uta Grunert

# Schule des Verbrechens
Niklas Franzen

# Grundlagen der “restaurativen Gerechtigkeit“

Pater Valdir João Silveira

# Das Theater der Befreiung
Isabella Bischoff

 

Editorial


Über ein Jahr liegt die endgültige Amtsenthebung der Präsidentin Dilma Rousseff nun zurück. Schon während der kommissarischen Übernahme der Amtsgeschäfte zwischen Mai und August 2015 schickte sich die Regierung unter Michel Temer an, den Staat komplett umzubauen und Fakten zu schaffen. Ministerien wurden zusammengestrichen, die staatliche Medienanstalt EBC an die kurze Leine genommen und die Verfassung umgeschrieben. Begleitet wird dieser radikale Umbau des brasilianischen Staatsapparats von Korruptionsskandalen und spektakulären Anklagen der Staatsanwaltschaft gegen den Präsidenten und seine beiden Vorgänger. Thomas Fatheuer skizziert in seinem einleitenden Artikel einige Episoden aus dem verworrenen Prozess des „Lava Jato“. Daran anschließend analysiert Johny Fernandes Giffoni, Pflichtverteidiger im Bundesstaat Pará, die Rolle der Justiz in der jüngeren Geschichte Brasiliens.
Eines der wichtigsten Projekte der Regierung von Michel Temer war die Durchsetzung einer Arbeitsmarkt- und Rentenreform. Als Antwort auf diese Projekte organisierten die Gewerkschaften mehrere Generalstreiks, an denen sich 35 – 40 Millionen Brasilianer*innen beteiligten. Fritz Stahl, Mitglied im Arbeitskreis „Solidarität mit Brasilianischen Gewerkschaften“ im DGB Mannheim, beleuchtet die aktuellen Arbeitsmarktreformen und deren Auswirkungen auf die Arbeiter*innen. Von diesem historischen Generalstreik stammt übrigens der überwiegende Teil der Bilder dieser Ausgabe.
Die Verteidigungskämpfe gegen die neoliberalen Regierungsprojekte überlagern leider andere wichtige Themen wie die Aufarbeitung des Dammbruch von Mariana im November 2015, den Anstieg der Entwaldung in Amazonien oder die Klimapolitik. Deshalb haben wir Thomas Bauer von der Landpastorale in Bahia gebeten, sich am Rio Doce für uns umzuschauen, Thomas Fatheuer führt ein Interview mit dem Geografen Mauricio Torres aus Santarém und zieht eine Bilanz der Klimapolitik Brasiliens seit dem Pariser Abkommen. Bilanziert wurden auch die Fortschritte bzw. Rückschritte Brasiliens beim Erreichen der Sustainable Development Goals (SDGs), die von den Vereinten Nationen in ihrer Agenda 2030 definiert wurden. Jan Erler aus der Kobra-Geschäftsstelle fasst den Schattenbericht der Grupo de Trabalho da Sociedade Civil para Agenda 2030 für uns zusammen.

Im nächsten Block beschäftigen sich Felipe Bley Folly und Angélica Castañeda Flores von FIAN International mit der Situation der Guarani-Kaiowá und ihren Versuchen auf internationaler Ebene Aufmerksamkeit für ihre Situation zu erzeugen. Daran anschließend öffnet uns Volker von Bremen am Beispiel der tekoha die Augen für Gerechtigkeitskonzepte außerhalb des staatlich vorgegebenen Rechtsrahmens. Den Unterschied zwischen Recht und der Rechtsdurchsetzung macht Nele Kliemt von Amnesty International ebenfalls am Beispiel der Guarani Kaiowa deutlich. Zu diesem Themenkomplex wird beim Runden Tisch Brasilien ein Forum angeboten.
Von den indigenen Kämpfen in Mato Grosso do Sul ziehen wir weiter nach Pernambuco, wo die Organisation SOS Corpo von Kämpfen der Frauen in Quilombos und Indigenen Gemeinschaften berichten. Auch dieses Thema wird von zwei Vertrerterinnen der Organisation am Runden Tisch in einem Forum besprochen. Traditionelle Völker und Gemeinschaften sind spätestens seit dem Runden Tisch Brasilien 2015 ein wichtiges Thema in der KoBra Arbeit. Dieser Schwerpunkt wurde durch die Unterstützung der Tagung „Traditionell Zukunftsfähig” im Juni 2017 fortgesetzt, die  Dieter Gawora in einem Artikel resümiert.
Ein entscheidender Akteur in vielen Fragen der Menschenrechte in Brasilien ist das Ministério Público, das oftmals im Sinne der Betroffenen auch gegen staatliche Institutionen ermittelt. Die Hintergründe dieser Institution erklärt Stefani Rackes, ehemalige Praktikantin im KoBra Büro. Um das Schicksal derjenigen, die sich der Verteidigung der Menschenrechte in Brasilien verschrieben haben drehen sich die folgenden beiden Artikel von dem Vernetzungs- und Dialogprozess PAD (Processo de Articulação e Diálogo) und von Uta Grunert aus der Kobra-Geschäftsstelle.

Den Abschluss des Hefts bildet ein Themenblock, der ebenfalls am Runden Tisch in Hofgeismar behandelt wird. Das Gefängnissystem wird durch eine Undercover-Reportage von Niklas Franzen illustriert. Die Gefängnispastorale stellt anschließend ihren alternativen Ansatz der restaurativen Gerechtigkeit vor und Isabella Bischoff beschäftigt sich mit dem Theater der Befreiung als kreativem Zugang zu Empowerment und kollektiven Lösungen.


die Redaktion