Rettungsplan für Amazonien kann nur integral gelingen
Die Wissenschaftler weisen nach, dass annähernd 70% des BIP in ganz Südamerika von Niederschlägen abhängt, die im Amazonasgebiet generiert werden. Über Wolkenbildung und Luftströme versorgen die so genannten "fliegende Flüsse" sowohl Nahrungsmittelproduktion und Landwirtschaft als auch dieTrinkwasservorkommen der Städten im Südosten des Kontinents. Klimaextreme wie Dürren (2005, 2010, 2015-16) sowie Überschwemmungen (2009, 2012) haben in den zurückliegenden zwölf Jahren innerhalb der Beobachtung der letzten 100 Jahre deutlich zugenommen.
Die Studie betont den Zusammenhang zwischen globalem Klimawandel und kleinräumigen Klimaveränderungen nach Abholzungen. Beide tragen zur Zunahme von Klimaextremen bei. Die Waldbrände im Sommer 2019 verschlimmerten den dramatischen Anstieg illegaler Entwaldung im Amazonasraum. 70% der Schutzgebiete und indigenen Territorien Amazoniens sind derzeit bedroht durch Straßenbau, Bergbau, Abbau von Erdöl und -gas, illegalem Eindringen in die Gebiete, Staudämmen oder illegalem Holzeinschlag.
Allein im Monat Juli sei eine Waldfläche von der Größe Luxemburgs verlorengegangen, belegten die Wissenschaftler im Vatikan anhand von Satellitenaufnahmen. Illegale wirtschaftliche Aktivitäten und eine abnehmende staatliche Strafverfolgung wurden als Ursachen ausgemacht.
Derzeit habe die Zerstörung des Amazonasregenwalds fast 17% erreicht, der Kollaps sei nicht mehr weit entfernt. Um diesem "kipping point" entgegenzuwirken, sei dringend ein Umdenken notwendig.
Die Wissenschaftler haben einen Rettungsplan mit 11 Punkten vorgelegt. Ihr Appell richtet sich an die Regierung, Wirtschaftsunternehmen, die Zivilgesellschaft und die indigene Bevölkerung. Nur gemeinsam könne die Rettung Amazoniens gelingen.
1. Akutmaßnahmen zur Eindämmung der Waldbrände, Feuerschutz- und Monitoringsysteme sowie eine Wiederbewaldung der verbrannten Flächen.
2. Ein Sofortstopp für Umwandlungsvorhaben von Waldflächen und illegalen Holzeinschlag in allen Ländern des Amazonasgebiets.
3. Der Staat soll die wirtschaftliche Kontrolle über das Gebiet hoheitlich behalten, um sicherstellen zu können, dass Umweltgesetze eingehalten werden.
4. Einrichtung eines Managmentorgans PCA auf wissenschaftlicher Basis für Amazonien unter Einbeziehung von lokalem, traditionellem und indigenem Wissen.
5. Das PCA erstellt bis Juli 2020 einen Nachhaltigkeitsstrategie für Amazonien und bezieht die Wirtschaftsförderung nachhaltiger Unternehmen ein.
6. Überprüfung der größten Infrastrukturprojekte auf ihre Umweltauswirkungen hin.
7. Bis Ende 2020 werden die Waldgesetzgebungen der 8 Anrainerländer und Französisch Guyana nach Empfehlungen des PCA und unter Berücksichtigung von Menschenrechts- und Nachhaltigkeitskriterien überarbeitet.
8. Ausbau des Amazonasfonds auf das gesamte Amazonsbecken mit steigender internationaler Beteiligung für Klimaschutz von mindestends US$ 1 bilhão pro Jahr..
9. Schutz aller indigenen Völker und Gemeinschaften gegen illegale Landnahme oder unerlaubtem Zutritt zu ihren Territorien. Schutz gegen Holzentzug, Bergbaueingriffe, illegaler Land- und Viehwirtschaft auf indigenem Territorium. Schutz vor Gewalt und kriminellen Übergriffen gegen die indigene Wald-Bevölkerung. Schnelle Fortführung und Abschluss der im Demarkationsprozess anhängigen Gebietsausweisungen. Absicherung der Gebiete nach außen.
10. Ausweisung und Zertifizierung von Lieferketten mit Produkten aus dem Amazonasgebiet (Soja, Kaffee, Fleisch, Holz und holzähnliche Produkte, Bergbau-Produkte, u.a.) nach nationalen und internationalen Nachhaltigkeits-Standards. Sichtbarmachung von Unternehmen in globalen Produktionsketten, die in Zusammenhang mit dem Amazonasgebiet stehen.
11. Ausbau des Waldschutzmonitorings (Satelliten und Bodenüberwachung) mit dem Ziel eines Echtzeit-Warnsystems für Wälder und Flüsse.