Regierungserlass beschleunigt Genehmigungsprozess von PAC 2
Der Indianermissionsrat CIMI beklagt , dass die staatlichen Behörden FUNAI (Indigene Rechte), IBAMA (Umweltschutz) und FCP (Rechte der Quilombolas) zum reinen Durchwinken und Abstempeln der Interessen ausbeuterischer Projekte degradiert werden. Die neuen Regeln verkürzen die Zeiträume erheblich, die Betroffene für Information und Stellungnahme gegenüber den zuständigen Behörden nutzen können. So bleiben der Umweltbehörde IBAMA in Zukunft nach beantragter Umweltlizenz durch ein Unternehmen, z.B. für den Abbau von Bauxit im Tagebau, 10 Tage, um von dem beabsichtigten Projekt Betroffene zu informieren und einzubeziehen. Diese haben dann 15 weitere Tage Zeit, sich gegenüber der Umweltbehörde zu verhalten.
Wenn man die ehrgeizigen Pläne der brasilianischen Regierung für Amazonien im Rahmen von PAC 2 im Hinterkopf hat, muss das Vorgehen wohl als ein weiteres Beschleunigungsmanöver des „beschleunigten Wachstumsprogramms“ und der voranschreitenden Industrialisierung bisheriger Natur- und Lebensräume eingeordnet werden. Ein deutlicher Einschnitt in die Menschenrechte ist es ebenfalls, denn die Partizipation der Bevölkerung wird erschwert. Die Vergabe von Landrechten wird und wurde durch die Politik nur schleppend vorangetrieben. Entsprechend steckt die juristische Absicherung für betroffene Gemeinschaften in vielen Fällen noch im Demarkierungsprozess fest. Die Entbürokratisierung dient also allein den Unternehmen, die am Ende die Gewinne einstreichen und die die Politik mit der Verordnung wieder einmal zu ihrem Handlanger gemacht haben.
Die Zuarbeit der anderen Behörden im Lizenzierungsverfahren wurde ebenfalls zeitlich beschnitten. IBAMA müssen innerhalb von 90 Tagen die Grundlagen für die Ausstellung einer Umweltverträglichkeitsprüfung und innerhalb von 30 Tagen die Einschätzung für sämtliche anderen Beurteilungen von Umweltfolgen vorliegen. Die Indigenen-Behörde FUNAI, die Quilombola-Behörde FCP und die Gesundheitsbehörde sind gehalten, innerhalb dieses Zeitkorsetts die jeweiligen Auswirkungen auf die lokal betroffenen Völker vorzulegen.
Im Grunde wird mit dem Erlass die Wissenschaftlichkeit von Studien zur Beurteilung von Auswirkungen als überflüssig abgetan, denn die angegebenen Zeitfenster machen ernsthaftes wissenschaftliches Arbeiten und seriöse Ergebnisse unmöglich.
Nach der UVP haben Betroffene einmalig die Möglichkeit, die Pläne der Unternehmen einzusehen oder klärende Rückfragen zu stellen, allerdings auch hier nur innerhalb von 60 Tagen. In Fällen, wo keine UVP vorgeschrieben ist, verkürzt sich diese Frist auf 20 Tage.
Im Falle von weiteren Differenzen führt dies „nie zur Abwendung des Projekts, sondern höchstens zur Nachbesserung“. Eine autoritäre Festlegung, denn die Abwendung von ökonomischen Projekten durch die benachteiligte Bevölkerung wird nun von vorneherein ausgeschlossen.
Als indigenes Territorium erkennt der Erlass nur Land an, das durch einen Erlass des Präsidenten der Indigenen-Behörde FUNAI als solches ausgewiesen wurde. Damit verstößt die Verordnung sogar gegen die bestehende Rechtsprechung, indem sie Artikel 231 der brasilianischen Verfassung verletzt. Hinfällig würden 346 Indianergebiete, die die FUNAI bereits früher identifiziert hat, in denen der brasilianische Staat allerdings noch nicht die administrative Anerkennung vollzogen hat.
Mit dem neuen Erlass wird auf skandalöse Art und Weise der indigenen Bevölkerung ihr rechtlicher Anspruch auf dieses Land entzogen. Wirtschaftsunternehmen sollen hingegen in Zukunft beschleunigt und frei darüber verfügen.
Die Staatsanwaltschaft wird den Erlass juristisch prüfen und versuchen, diesen neuen Diskriminierungsvorstoß gegen Indigene, Quilombolas und andere betroffene Bevölkerungsgruppen abzuwenden.
Das Justizministerium hat am 31. Oktober mit einer Verordnung geantwortet (2498/2011), die ebenfalls den Demarkationsprozess betrifft. Die Indianerbehörde wird beauftragt, die föderalen Körperschaften zusammenzurufen, um weitere technische Mitarbeiter zu gewinnen, die die angezeigten Flächen in das Demarkationsverfahren begleiten sollen. Dieses Vorhaben wird von den Organisationen, die Indigene vertreten, jedoch abgelehnt. Das Verfahren schaffe uneinheitliche Vorgehensweisen, führe zu weiteren Verzögerungen, zumal dann der Demarkationsprozess in nicht von der Verfassung vorgesehene Zuständigkeiten übertragen würde.