2023

Energiewende für wen? Potential und Konflikte bei erneuerbaren Energien in Brasilien
| von Hannah
2023
Holzschnitt von Pita Paiva aus Uibaí, Bahia (instagram: pitapaiva20)

Brasilien deckt bereits circa 80 Prozent seines elektrischen Energiebedarfs durch erneuerbare Energien. Damit ist das lateinamerikanische Land Deutschland weit voraus. Die geografischen Charakteristiken bieten ein großes Potential für die Energiegewinnung aus Sonne, Wind und Wasser.

Zunehmend wird jedoch von zivilgesellschaftlichen Organisationen, Aktivist*innen und Wissenschaftler*innen das Konzept eines "grünen Extraktivismus" kritisiert. Oft führen Großprojekte von staatlichen und multinationalen Konzernen zu erheblichen sozialen Folgen und Umweltschäden.

Kann man wirklich von Nachhaltigkeit reden, wenn indigene Gemeinschaften von ihren Territorien vertrieben werden? Wer profitiert wirklich von diesen Projekten, auch hier in Europa? Welche Ansätze der Gewinnung von erneuerbare Energien gibt es, die tatsächlich nachhaltig für Mensch und Natur gestaltet sind?

Mit diesen Fragen haben wir uns 2023 auf der Frühjahrstagung beschäftigt. Im Folgenden unsere Tagungsdokumentation:

Freitag, 24.03.2023

"Saubere Energien, schmutzige Methoden" - Der Ausbau von Windkraft und Solarenergie in Nordostbrasilien

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Foto: Aurea Ferreira/ Julia Wasmeier (c) KoBra

19.30 - 21.00 Uhr

Referent: Michael Klingler, BOKU Wien

Michael Klingler stellte in einem Vortrag ausführlich dar, was er mit einem Team von Forschenden der Bodenkultur Universität in Wien erarbeitete. Ein Fokus lag dabei auf dem sog. "Green Grabbing". Für den Bau von Windparks und Solaranlagen vereinnahmen ausländige Konzerne, vor allem aus Europa, mit Hilfe politischer Strukturen in Brasilien große Flächen, die oftmals zuvor von Indigenen oder traditionellen Völkern und Gemeinschaften bewohnt und genutzt wurden. Klingler stellte neuste Forschungsergebnisse dar und im Anschluss an den Input kam eine rege Diskussion auf.

Protokoll der Veranstaltung

Samstag, 25.03.2023

Mitgliederversammlung der Kooperation Brasilien e.V.

09.30 - 11.30 Uhr

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Foto: Aurea Ferreira/ Julia Wasmeier (c) KoBra

Gemeinschaftsenergie als mögliche Lösung für die Energieprobleme in den Favelas von Rio de Janeiro

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Foto: Aurea Ferreira/ Julia Wasmeier (c) KoBra

13.30 - 15.00 Uhr

Referentin: Mariana Cascardo Michael, Architektin, Hamburg

Mariana Cascardo Michael ist im Rahmen ihrer Forschung in den Favelakomplex Pauloa Ramos in Rio de Janeiro gezogen. Sie fand durch Gespräche mit den Anwohnenden heraus, dass die Energiegewinnung ein durchgehendes, ungelöstes Problem ist und setzte schließlich den Prozess in Gang, Solarpanels vor Ort zu installieren, um eine lokale und nachhaltige Energieversorgung zu ermöglichen. In ihrem Vortrag berichtete sie nicht nur über die Entstehung und Schritt-für-Schritt Planung des Projekts, sondern auch über konkrete Herausforderungen, die im Zuge der Realisierung auftraten. Zuhörer*innen bekamen einen Einblick in die interne "Favelapolitik", welche es z.B. Mariana als Frau besonders schwer machte, gehört zu werden. Auch die Finanzierung stellte ein Hindernis dar. Gleichzeitig engagierten sich viele der Bewohner*innen mit großer Motivation, nachdem die Idee der eigenen Energieversorgung erstmal auf dem Tisch lag.

Audioaufnahme des Vortrags

Protokoll der Veranstaltung

Indigene Gemeinschaften und die sogenannte 'green economy': Für eine gerechte Energiewende

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Foto: Uwe Simon de Lima

16.00 - 17.30 Uhr

Referent: Edson Krenak, Cultural Survival

Esdon Krenak fasste auf präzise und nachvollziehbare Art die Beweggründe und den Kampf von Indigenen in Brasilien um ihr Land zusammen. Indigene leben nicht von der Natur, sondern mit der Natur. Sie erhalten die reiche Biodiversität und bewegen sich darin wie in einem Zuhause. Seit über 500 Jahren wird dieses Zuhause kolonisiert, geraubt, zerstört. Dies ist auch im Zuge der Gewinnung erneuerbarer Energien der Fall. In Edsons Vortrag wurde sowohl die historische Ungerechtigkeit gegenüber Indigenen Völkern in Brasilien, als auch die aktuelle und akute Bredrohungssituation für indigene Menschenrechtsverteidiger*innen deutlich. Fast ebenso spannend wie der Vortrag war die daran anschließende Diskussion. Im gegensatz zu anderen globalen sozialen Bewegungen, wie Firdays for Future oder Vidas Negras Importam, gehe es der indigenen Bewegung nicht darum, die Welt zu "indigenisieren", oder am materiellen Reichtum oder Herrschaft teilzuhaben. Es geht lediglich darum, die Natur, die Umwelt, Mitwelt, das Zuhause zu erhalten und friedlich leben zu können.

Audioaufnahme des Vortrags

Protokoll der Veranstaltung

Sonntag, 26.03.2023

09.30 - 11.30 Uhr

Austausch: Reflektion der KoBra Klausurtagung - KoBra als "Ermöglichungsstelle"? (Dekoloniale)Visionen der Soliarbeit heute

Das Ergebnis unserer Diskussion von Samstag - zur Frage, was für die Teilnehmenden KoBra ist, oder sein sollte - wo sind Grenzen unserer Solidaritätsarbeit und wo gibt es Potentiale?

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Sonstiges:

Fotos

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Programmflyer