Neue Studie zum Gesetz "Maria da Penha" zum Schutz von Frauen vor häuslicher Gewalt
Das staatliche Forschungsinstitut Instituto de Pesquisa Econômica Aplicada (Ipea) hat gestern eine Studie zur Wirkungsweise des sogenannten "Maria da Penha"-Gesetzes zum Schutz von Frauen vor häuslicher Gewalt in Brasilien vorgestellt. Die Studie analysierte landesweite Daten aus den Jahren 2006 bis 2011, den ersten fünf Jahren nach Inkraftreten des Gesetzes 2006. Der Studie zufolge, aus der die staatliche Nachrichtenagentur Agência Brasil zitiert, zeige, dass die Mordraten an Frauen im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt in dem Bemessungszeitraum mit 1,1 ermordeten Frauen je 100.000 Einwohner zwar gleich hoch geblieben war, da jedoch die Zahl der zuhause ermordeten Männer im gleichen Zeitraum von 4,5 auf 4,8 Männer je 100.000 Einwohner gestiegen sei und diese Zahl sich decke mit den gesamtgesellschaftlichem Anstieg der Mordrate im Lande, sei demnach allein der Nicht-Anstieg der Mordrate an Frauen als Erfolg zu werten. Gegenüber des ursprünglich um rund 10 Prozent prognostizierten Anstiegs der Mordrate an Frauen zeige die gleichbleibende Mordrate den Erfolg des Gesetzes zum Schutz von Frauen vor häuslicher Gewalt. "Dies bedeutet, dass das Gesetz Maria da Penha es geschafft hat, tausende von Fällen von häuslicher Gewalt gegen Frauen im Lande zu verhindern", so die Studie.
"Offensichtlich hatte das "Maria da Penha"-Gesetz eine wichtige Rolle bei der Verhinderung von Gewalt gegen Frauen, dies vor dem Hintergrund eine allgemeinen Anstiegs der Gewalt in der Gesellschaft. Mit anderen Worten: in einem Szenario ohne das "Maria da Penha"-Gesetz, wären die Mordtraten an Frauen im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt ansonsten sehr wahrscheinlich angestiegen", so die Studie.
Als Erklärung für den Erfolg des "Maria da Penha"-Gesetzes lieferte die Studie die durch die Gesetzeseinführung 2006 erfolgte Strafverschärfung für die Täter, die Ausweitung von Rechten und Schutz für die betroffenen Frauen sowie vereinfachte Strafanzeigung und angepasste Strafverfolgung. Die Ursachen des gesamtgesellschaftlichen Gewaltanstiegs setzten die Forscher dem Bericht zufolge in Verbindung mit geringerer Waffenkontrolle und steigendem Drogenkonsum im Lande.
Im Jahre 2006 hatte der damalige Präsident Luiz Inácio „Lula“ da Silva das Gesetz zum Schutz von Frauen vor häuslicher Gewalt unterzeichnet. Das Gesetz trug den Namen "Maria da Penha". Die Apothekerin Maria da Penha wurde während sechs Jahren täglich von ihrem Ehemann angegriffen, brutal verprügelt. Zwei Mal versuchte er sie zu ermorden. Einmal schoss er auf sie, seither ist sie querschnittsgelähmt. Beim zweiten Mal versuchte er, sie per Stromschlag umzubringen und sie zu ertränken. Achtzehn Jahre war der Prozess gegen den Ehemann von der Justiz verschleppt worden. Letztlich saß der Ehemann insgesamt nur zwei Jahre in Haft. Die Regierung des damaligen Präsidenten Lula hatte infolge der damaligen Medienberichterstattung über den Fall im Jahre 2006 das Gesetz verabschieden lassen, um häusliche und familiäre Gewalt als Straftat zu behandeln und nicht als Privatangelegenheit. Flankiert wurde es durch effektivere Instrumente des Opfer- und Kinderschutzes und durch das Schaffen von weiteren Polizeidienststellen für Frauen. Seit 2008 werden die im „Maria da Penha“-Gesetz vorgesehenen Maßnahmen zum Opferschutz vom Haushalt des „Nationalen Programms für Sicherheit und Bürgerrechte“ (PRONASCI) finanziert.
Gut fünf Jahre nach Inkraftreten des Gesetzes „Maria da Penha“ in Brasilien hatte es 2011 erste Auswertungen zur Effektivität des Gesetzes gegeben. Diese zeigte, dass zwischen 2006 und 2011 70.574 Frauen vor Gericht Schutzmaßnahmen zugesprochen bekommen haben. Diese dienen in erster Linie dazu, den Frauen die Möglichkeit zu geben, aus der familiären Gefahrensituation zu entkommen. Meist geschieht dies, wie der National Justizrat CNJ berichtet, indem dem Agressor die räumliche Annäherung an das Opfer und die Angehörigen verboten wird.
Doch die Anwendung des Gesetzes auf der Justizebene hat mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen. So zeichnet sich die brasilianische Justiz – wie in vielen anderen Fällen auch – nicht durch überaus beeindruckende Geschwindigkeit aus. Hinzu kommen patriarchalische Macho-Richter: Ein Richter in Sete Lagoas im Bundesstaat Minas Gerais hatte sich geweigert, das "Maria da Penha"-Gesetz anzuwenden. Seiner Meinung nach brächten diese "teuflischen Regeln" die Familie in Gefahr. "Das menschliche Unglück begann im Garten Eden: wegen der Frau, das wissen wir doch alle", so der Richter. Dieser wurde daraufhin für zwei Jahre vom Dienst suspendiert.