Neuer Justizärger für Thyssenkrupp in Brasilien
Nun hat die brasilianische Staatsanwaltschaft eine weitere Klage gegen das Thyssenkrupp-Stahlwerk erhoben. Diesmal geht es um den Vorwurf, der (mittlerweile wegen Korruption in Haft sitzende) Ex-Gouverneur Sérgio Cabral habe um Weihnachten 2010 dem TKCSA-Stahlwerk in Rio widerrechtlich eine Sondergenehmigung zum Hochfahren des zweiten Hochofens gegeben. Dies berichtet das Nachrichtenportal Exame. Laut der Erklärung der Staatsanwaltschaft selbst sind die Beschuldigten der nun eingereichten Anklage der Ex-Gouverneur Sérgio Cabral, dessen damalige Staatssekretäre des Gouverneursstabs und des für Umwelt, Arthur Bastos und Marilene Ramos, sowie die Firma ThyssenKrupp Companhia Siderúrgica do Atlântico (TKCSA) selbst.
Damals, um Weihnachten 2010, einem halben Jahr nach Werkseröffnung, war Stahlwerkstaub laut Aussagen der Anwohner massiv auf diese niedergeregnet, dem Werk drohte durch die Umweltbehörden die Schliessung. Doch der damalige Gouverneur, Sérgio Cabral, hatte laut Medienberichten befürchtet, dass ThyssenKrupp 800 Arbeiter entlassen könnte, sollte nach dem ersten nicht auch noch der zweite Hochofen in Betrieb genommen werden dürfen.
Die größte Tageszeitung Brasiliens, O Globo, berichtete damals, das Argument der Arbeitsplätze, "das CSA gegenüber dem Gouverneur angeführt hat", sei ausschlaggebend gewesen. Auch bestünden "internationale Verpflichtungen“ des Konzerns – gemeint waren die Lieferungen der Stahlbrammen in die ThyssenKrupp-Werke in den USA und Deutschland.
Wenige Tage zuvor, noch kurz vor Weihnachten 2010, hatte das Umweltamt eigentlich noch eine 60-tägige Frist gefordert, in der die Umweltverschmutzungen zunächst unabhängig untersucht werden sollten, bevor eine Entscheidung darüber getroffen werden könne, ob der zweite Hochofen mit über 2,5 Millionen Tonnen Jahresproduktion in Betrieb genommen wird. Seit Arbeitsstart des ersten Hochofens im Juni war es zu Luftverschmutzungen in einem Ausmaß gekommen, "das die menschliche Gesundheit bedroht", so argumentierte die Staatsanwaltschaft damals Ende 2010.
Diese neue Klage von Dezember 2016 gesellt sich zu den anderen, bereits laufenden Klagen wegen Umweltverschmutzung sowie zu den Entschädigungsklagen der Anwohner und Fischer. (KoBra berichtete ausführlich).
Laut dem Exame-Bericht werde diese neue Entwicklung den von Thyssenkrupp anvisierten Verkauf des Stahlwerks weiter erschweren. Thyssenkrupp erklärt seit einer Reihe von Jahren, das skandalumwitterte Stahlwerk verkaufen zu wollen, die Essener Stahlkocher konnten aber bislang keinen Käufer finden. Im September dieses Jahres erteilte die Umweltbehörde in einem ebenfalls von der Staatsanwaltschaft angezweifelten Abkommen dem Stahlwerk eine erste Betriebsgenehmigung. Die sechs Jahre zuvor war das TKCSA-Stahlwerk ohne eine endgültige Betriebsgenehmigung, nur mit einem behelfsmäßigen sogenannten TAC-Vertrag, in Betrieb gewesen.
KoBra, FDCL und Kritische Aktionären protestieren seit 2010 jährlich vor und auf den Hauptversammlungen von Thyssenkrupp gegen die Firma und das Stahlwerk. Das werden wir am 27. Januar in Bochum wieder tun. Entschädigung für die Anwohner und Fischer! Stopp dem Stahlwerk von Thyssenkrupp in Rio!