BNDES überweist erste Kredittranche für umstrittenes Atomkraftwerk Angra 3
Mit der Überweisung der ersten Tranche schafft die brasilianische Staatsbank BNDES Fakten und bereitet den Weg für die anderen Banken vor. Das französische Bankenkonsortium um Societé Generale soll ca. 1,5 Milliarden Euro als Kredit für den Erwerb des Equipments und diverse Ingenieursdienstleistungen zur Verfügung stellen. Die von der Bundesregierung Anfang 2010 erteilte Grundsatzzusage für die Euler-Hermes-Exportkreditgarantie in Höhe von 1,3 Milliarden Euro bildet die Absicherung der Bezahlung für das Atomkraft-Equipment, das von Areva NP nach Brasilien geliefert wird.
Nutzniesser der deutschen Bürgschaft ist der französische Konzern Areva NP, an dem Siemens mit 34 Prozent bis 2009 beteiligt war. Siemens hat seinen Anteil an Areva verkauft, der letzte Betrag wurde im Frühjahr 2011 überwiesen, Im Juni 2011 hat ein internationales Schiedsgericht den Streit zwischen Areva und Siemens per Urteilsspruch beigelegt. Areva NP hat damit die alte Siemens/KWU-Atomtechnologie komplett übernommen.
Bei Angra 3 handelt es sich um den dritten Atomreaktor des Atomkomplexes Almirante Álvaro Alberto am Strand von Itaorna (übersetzt: 'fauler Stein') bei Angra dos Reis im Bundesstaat Rio de Janeiro. Angra 3 hat eine geplante elektrische Leistung von 1.405 MW und ist ein Druckwasserreaktor. Angra 3 ist vergleichbar mit dem in den 1970er Jahren in Deutschland errichteten Kraftwerk Grafenrheinfeld. Dabei handelt es sich um einen Druckwasserreaktor der zweiten Generation: die sogenannten Vor-Konvoi-Anlagen der alten Siemens/KWU-Technik. Zu den sogenannten Vor-Konvoi-Anlagen in Deutschland gehören Brokdorf, Grafenrheinfeld, Grohnde und Philippsburg (abgeschaltet).
Umweltschützer und Nichtregierungsorganisationen protestieren seit Jahren gegen den Atomexport europäischer Atomtechnoligie nach Brasilien und dessen skandalöse Kreditabsicherung durch die deutsche Bundesregierung. Darüberhinaus gibt es weitere deutsche Beteiligung am 'Projekt Atomenergie in Brasilien'. Bislang verarbeitet Brasilien pro Jahr die 400 Tonnen Uran aus der Mine Lagoa Real / Caetité im Bundesstaat Bahia zu so genanntem "Gelbkuchen" ("yellowcake") und verschifft diesen nach Kanada zur Weiterverarbeitung zu Uranhexafluorid (UF6) durch die kanadische Firma Cameco. Das UF6 wird von dort zur Anreicherung und Verarbeitung zu gasförmigen Urandioxid (UO2) nach Europa zur britisch-niederländisch-deutschen Urenco geschickt, bevor es dann in Brasilien, in den beiden Reaktoren im Atomkomplex Almirante Álvaro Alberto in Angra dos Reis im Bundestaat Rio de Janeiro, in Form von Brennstäben zur Stromgewinnung eingesetzt wird.